TSV Bayer Dormagen vergaß früh den Sack zuzumachen 18:20-Schlappe gegen GWD Minden

Es bleibt dabei: Der TSV Bayer Dormagen kann keine Auftaktspiele zur Handball-Bundesliga gewinnen. Auch die 13. Saison im Oberhaus begann mit einem zahlenmäßigen Fehlstart, einer 18:20-Niederlage (Halbzeit 8:8) gegen den zum Kreis der Titelanwärter zählenden TSV GWD Minden. Allerdings offenbarte die Partie vor der enttäuschenden Kulisse von nur tausend Zuschauern, dass die Dormagener ein größeres Potenzial besitzen als in der vergangenen Spielzeit. Setzte 40 Minuten spielerische Akzente und warf das erste Saisontor - dann schied Christian Ericsson mit einer Fingerverletzung aus. NGZ-Foto: H. Jazyk

Es bleibt dabei: Der TSV Bayer Dormagen kann keine Auftaktspiele zur Handball-Bundesliga gewinnen. Auch die 13. Saison im Oberhaus begann mit einem zahlenmäßigen Fehlstart, einer 18:20-Niederlage (Halbzeit 8:8) gegen den zum Kreis der Titelanwärter zählenden TSV GWD Minden. Allerdings offenbarte die Partie vor der enttäuschenden Kulisse von nur tausend Zuschauern, dass die Dormagener ein größeres Potenzial besitzen als in der vergangenen Spielzeit. Setzte 40 Minuten spielerische Akzente und warf das erste Saisontor - dann schied Christian Ericsson mit einer Fingerverletzung aus. NGZ-Foto: H. Jazyk

Hätten sie es nicht versäumt, beim Stande von 3:0 nach fünf und 4:1 nach elf Spielminuten den berühmten Sack zuzumachen, die ersten Pluspunkte wären wohl auf der Habenseite zu notieren. So aber setzte sich die größere Cleverness und Routine der Gäste, vielleicht auch die bessere Eingespieltheit der Schützlinge von GWD-Trainer Aleksandr Rymanow am Ende durch. Dass die Unparteiischen Thomas Fuchs und Frank-Michael Teschauer ein Übriges dazu taten, den Außenseiter ins Hintertrefen geraten zu lassen, daran hat man sich auf Dormagener Seite eigentlich schon gewöhnt.

Marcus Wallgren hätte zum strahlenden Held seiner ersten Partie in der deutschen Eliteklase werden können. Hätte der schwedische Linksaußen, von TSV-Insidern ob seiner Statur bereits "Forrest Gump" getauft, 80 Sekunden vor dem Schlusspfiff das Anspiel von Jacek Bedzikowski erfolgreich verwandelt, der TSV hätte zumindest mit einem Teilerfolg in seine 13. Spielzeit im Oberhaus starten können. Es wäre der Treffer zum 18:19 gewesen, und da die Gastgeber dank einer Zeitstrafe von Blazo Lisicic die restlichen Sekunden in Überzahl agieren durften, wäre der Ausgleich im Rahmen des Möglichen gewesen.

Doch Wallgren scheiterte an GWD-Torhüter Jörg-Uwe Lütt, der seinen Heberversuch lässig mit dem Kopf abwehrte, und der TSV an seinem Unterfangen, all jene Lügen zu strafen, die die Chemiestädter schon wieder zu den Abstiegskandidaten zählen.

Statt zum strahlenden Held avancierte Marcus Wallgren zur tragischen Figur - vielleicht hat der Schwede ja doch mehr mit Forrest Gump gemein als nur die Statur. Denn er war es auch, der eine mögliche frühe Vorentscheidung zugunsten des TSV verhinderte: 3:0 führten die Hausherren nach fünf Minuten, waren das spielerisch eindeutig beherrschende und die Akzente setzende Team, vor allem dank seiner schwedischen Rückraumachse Henrik Andersson und Christian Ericsson und einer Abwehr, gegen die selbst Mindens ansonsten genialem Spielgestalter Talant Dujshebaev wenig einfiel.

Doch nach acht Minuten, ein insgesamt blasser Mirko Bernau war gerade siebenmeterreif gefoult worden, scheiterte Wallgren per Strafwurf an Jörg-Uwe Lütt. Und da schien es den Mindenern zu dämmern, dass auch diese Dormagener nur mit Wasser kochen: Folgerichtig verkürzten sie auf 3:4 (14.) und hatten beim 5:5 durch eben jenen Dujshebaev (20.) erstmals den Gleichstand hergestellt.

Der eigentlich das der Partie angemessene Ergebnis gewesen wäre: "Das Spiel war lange Zeit ausgeglichen", gestand selbst Mindens Coach Aleksandr Rymanow hinterher ein. Warum seine Schützlinge am Ende mit zwei Toren Unterschied triumphierten, wird schwer zu ergründen sein: Weil die Unparteiischen einen leichten bis mittelkräftigen Bonus an die Gäste verteilten, besonders deutlich bei jenem Gegenstoß von (schon wieder) Marcus Wallgren, dessen nicht regelkonforme Unterbindung sie lediglich mit einem Freiwurf ahndeten (55.), wo zumindest eine Zeitstrafe angemessen gewesen wäre?

Weil sich Christian Ericsson, trotz einiger Fehlversuche bis dahin gefährlichster Dormagener Angreifer, nach 40 Spielminuten und vier erzielten Toren mit einer Handverletzung zum stattlichen TSV-Lazarett hinzugesellte? Der Schwede fehlte seiner Mannschaft auch in der Abwehr, da Kouzelev und Lisicic nun plötzlich vorher ungeahnte Freiräume besaßen - und sie auch nutzten. Dass ausgerechnet der Schwede von der bisherigen Problemposition auf Halbrechts nach knapp zwei Minuten das erste Dormagener Tor der neuen Spielzeit erzielte - es wäre schön, ließe sich hieraus Symbolcharakter für die gesamte Saison ableiten.

Zu ergründen sind freilich die Gründe für die Niederlage: Weil sich Jörg-Uwe Lütt, in der ersten Halbzeit klar im Schatten seines Dormagener Kollegen Rafal Bernacki, zwischen den Mindener Torpfosten plötzlich ungeahnt steigerte und zwischen der 39. Und der 59. Minute gleich sieben Würfe meisterte? Weil ein im ersten Durchgang starker Henrik Andersson sichtlich abbaute, im Angriff, wo er sich kaum noch zu werfen traute, wie in der Abwehr, wo er Lisicic und auch Aaron Ziercke recht leichte Tore im Spiel "eins gegen eins" gestattete?

Oder weil die Dormagener zum allersten Mal überhaupt in dieser Besetzung zusammenspielten? Geir Sveinsson, der Blitztransfer aus Island am Kreis, ließ zwar abwehrmäßig Pascal Mah"e vergessen, auch wenn er sich zeitstrafenmßig wie der Franzose gleich an die Spitze der bayer-internen Rangliste setzte. Im Angriff merkte man dem 36-Jährigen aber noch deutlich die fehlende Bindung an die Passgeber an - wo sollte sie auch herkommen nach einer einzigen gemeinsamen Trainingseinheit?

Nicht nur hier war deutlich zu sehen: Der TSV Bayer 2000 besitzt Potenzial, ein größeres jedenfalls als in der vergangenen Spielzeit. Dass Trainer Gudmundur Gudmundsson trotz aller Kritik zum Beispiel an den "insgesamt 18 Fehlwürfen" hinterher "trotz der Niederlage ein Kompliment" an seine Mannschaft losließ und konstatierte: "Sie haben sich gut verkauft", blieb nicht nur unwidersprochen, ja fand sogar den Beifall der Fans.

Dennoch: Unterm Strich bleiben die ersten beiden Minuszähler in heimischer Halle - eine Bilanz, die das Unterfangen Klassenerhalt nicht unbedingt einfacher erscheinen läßt. Schließlich ist der TSV Bayer in den verbleibenden vier Meisterschaftsspielen bis zur Olympiapause nicht nur auf der Jagd nach Punkten, sondern auch auf der nach Sponsoren - und die wollen nun einmal Siege sehen.

Kommentar zum Saisonauftakt

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