Rhein-Kreis Neuss Als Experte hinaus in die Welt

Rhein-Kreis · Seit mehr als 30 Jahren leistet der Senior Expert Service Hilfe in Entwicklungs- und Schwellenländern. Auch in Deutschland ist er unter anderem für Firmen, Kammern und Organisationen aktiv. Doch Experten sind rar gesät.

 Der Senior Expert Service sucht nicht nur Akademiker, sondern auch Handwerker wie zum Beispiel Bäcker.

Der Senior Expert Service sucht nicht nur Akademiker, sondern auch Handwerker wie zum Beispiel Bäcker.

Foto: Senior Expert Service/SES

Wenn alles nach Plan läuft, dann reist Claus Obholzer bald nach Namibia, um im Südwesten Afrikas Entwicklungshilfe zu leisten. Aktuell ist der Pensionär, der lange als Diplom-Kaufmann in der Energiebranche tätig war, aber noch mit einer anderen Aufgabe betraut – als Regionalleiter des Senior Expert Service (SES) für die Region Mittlerer Niederrhein. Dabei handelt es sich um eine Organisation, die Fachleute aus sämtlichen Berufsgruppen für ein ehrenamtliches Engagement im In- und Ausland sucht.

Seit mehr als 30 Jahren bringen diese Experten weltweit deutsches Knowhow in Entwicklungs- und Schwellenländer und setzen sich in Deutschland für Firmen, Kammern und Organisationen, vor allem aber für die Nachwuchsförderung ein.

Der SES hat seinen Sitz in Bonn, wird bundesweit von 17 Büros und international von 180 Repräsentanten in 90 Ländern vertreten. Derzeit sind im SES mehr als 13.000 Experten registriert mit Fachwissen aus mehr als 50 Branchen. Seit seiner Gründung im Jahr 1983 hat der SES mehr als 40.000 ehrenamtliche Einsätze in 160 Ländern durchgeführt, etwa ein Viertel davon in Deutschland. Träger sind die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft wie der Bundesverband der Deutschen Industrie oder die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeiterverbände.

Doch die Organisation hat ein Problem: Es gibt nicht genug Freiwillige, die sich bereit erklären, die verantwortungsvolle Aufgabe zu übernehmen. „Am Mittleren Niederrhein sind es etwa 250“, sagt Claus Obholzer, der eine Vermutung zu den Hintergründen hat: „Viele fühlen eine zu große Verpflichtung“, sagt der Regionalbeauftragte. Zudem fühlten sich potenzielle Experten oft unsicher ob der kulturellen Unterschiede und sprachlichen Hindernisse. „Dabei gibt es interkulturelle Vorbereitungsseminare, und auch ein Dolmetscher wird zur Verfügung gestellt. Alles, was mitgebracht werden muss, ist Zeit“, so Obholzer. Die Kosten für den mehrwöchigen Einsatz würden inklusive Flug komplett übernommen. Die Organisation wird zum einen von der Bundesregierung und zum anderen von einigen Sponsoren finanziert – und natürlich von den jeweiligen Auftraggebern.

Obholzer betont, dass nicht nur Akademiker im Ruhestand oder Vorruhestand gesucht werden, sondern auch Handwerker. „Wir brauchen Bäcker ohne Ende“, sagt der Experte. Wer nicht ins Ausland, aber sich dennoch engagieren möchte, könne auch eine sogenannte Vera-Beratung machen – eine bundesweite Initiative zur Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen. Diese wurde Ende 2008 in Zusammenarbeit mit den Kammern ins Leben gerufen und hat nach Angaben der Organisation mehr als 10.000 Auszubildende erreicht. „Die Erfolgsquote liegt bei 85 Prozent“, sagt Obholzer. Hinter diesem Erfolg steht das Tandem-Modell, also die individuelle Begleitung nach dem 1:1-Prinzip durch einen persönlichen Coach.

Aber wie möchte die Organisation Ehrenamtlern einen Einsatz schmackhaft machen? Der Senior Expert Service setzt dabei auf positive Erlebnis-Berichte. „Wenn man mit Leuten spricht, die im Ausland waren, dann spiegeln sie eine große Zufriedenheit wider“, sagt Obholzer, der angibt, auf seinen Einsatz in Namibia zu „brennen“. Zwar gebe es auch immer mal Flops unter den Einsätzen, „aber so ist das im Leben“, sagt der Regionalleiter.

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