Hilfe im Rhein-Kreis Neuss So entlasten Ehrenamtler bei der Pflege

Rhein-Kreis · Familien, die an Demenz erkrankte Angehörige pflegen, kommen nicht selten an der Rand ihrer psychischen und physischen Kräfte. Mit dem Angebot „Auszeit“ werden sie stundenweise von freiwilligen Helfern entlastet.

Demenz-Helferin Erika Luhnen (l.) ist für Irmgard Sellschoop (M.) mittlerweile fast wie eine Freundin. Tochter Astrid freut das sehr.

Demenz-Helferin Erika Luhnen (l.) ist für Irmgard Sellschoop (M.) mittlerweile fast wie eine Freundin. Tochter Astrid freut das sehr.

Foto: Andreas Woitschützke

Die Pflege eines Demenzerkrankten bedeutet in der Regel eine zusätzliche Belastung für die Angehörigen. Um Entlastung zu schaffen, bietet die Diakonie des Rhein-Kreises Neuss, die „Auszeit“, einen Besuchsdienst durch geschulte ehrenamtliche Helfer, an. Auch Astrid Sellschopp nutzt diesen Besuchsdienst für ihre an Demenz erkrankte Mutter. Da ihre Geschwister über Deutschland verteilt leben, übernahm sie vor einigen Jahren die Unterstützung ihrer Eltern und hat sie zu sich geholt. Aber Sellschoop ist auch berufstätig.

„Als mein Vater vor vier Jahren starb und meine Mutter an Demenz erkrankte wandte ich mich an die ,Beratungsstelle für Fragen im Alter’ der Diakonie. Dort sprach ich mit Melanie Buss von der Beratungsstelle über meine Situation“, erzählt Sellschopp. Buss berichtete ihr von der „Auszeit“ und stellte den Kontakt zu der ehrenamtlichen Helferin Erika Luhnen her, die seit vergangenem Sommer Sellschopps Mutter betreut. „Ich bin vor gut drei Jahren über meine Mutter zur Diakonie gekommen“, erzählt Luhnen. „Ich kenne das Gefühl alleine zu sein, da ich selbst früh Witwe geworden bin. Das Ehrenamt bietet mir Gemeinschaft und die Zufriedenheit, dass man jemandem helfen kann“, sagt sie.

Für Astrid Sellschopp ist sie eine große Hilfe. Gemeinsam geht Luhnen mit Irmgard Sellschopp zu Kunstausstellungen, sie gehen spazieren oder ins Kino. „Für meine Mutter ist Erika Luhnen mittlerweile wie eine Freundin“, erzählt Sellschopp. Sowohl Luhnen als auch Sellschopp seien flexibel, was die Betreuungszeiten angeht. Wenn zum Beispiel sonntags eine neue Ausstellung eröffnet, komme es auch schon mal vor, dass Erika Luhnen sich meldet und fragt, ob Sellschopps Mutter gerne hingehen würde, sagt Astrid Sellschopp.

Besonders beeindruckt sie die Professionalität der Ehrenamtlerin. Die wird den Ehrenamtlern während einer Schulung vermittelt, die sie machen, bevor sie die an Demenz erkrankten Menschen betreuen. „Bei einer 40-stündigen Schulung stellt jeder Träger der Trägergemeinschaft ein Thema vor“, erklärt Julia Kampmann von der Diakonie. Und ihre Kollegin Melanie Buss ergänzt, dass der Trägerverbund bestehend aus Caritas, Awo, Alzheimer-Gesellschaft und Memory Zentrum Neuss jährlich eine solche Schulung anbietet.

Wenn eine betroffene Familie sich für die „Auszeit“ entschieden hat, macht Melanie Buss einen Hausbesuch, um sich einen Überblick von der Situation vor Ort zu verschaffen. Anschließend vermittelt sie einen Kontakt zu einem geeigneten Ehrenamtler. Bevor die eigentliche Betreuung beginnt, steht noch ein gemeinsamer Hausbesuch mit Buss und dem jeweiligen Ehrenamtler an. „Man wird nicht ins kalte Wasser geworfen und alleine gelassen“, so Julia Kampmann. Für die Helfer besteht auch die Möglichkeit, vor ihrem häuslichen Einsatz praktische Erfahrung in der Tagespflege der Diakonie zu sammeln. „Zurzeit sind bei uns sechs Ehrenamtler beschäftigt. Wir freuen uns über jeden, der neu dazu kommt“, fügt Buss hinzu.

Für die „Auszeit“ bezahlt Astrid Sellschopp 7,50 Euro pro Stunde an die Diakonie, davon gehen fünf Euro an Erika Luhnen. Die Aufwandsentschädigung kann Astrid Sellschopp über die Pflegekasse abrechnen. So ist die „Auszeit“ für die „Ratsuchenden“, wie sie bei der Diakonie genannt werden, in der regel kostenlos.

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