Rhein-Kreis Neuss trauert um Dr. Hans-Ulrich Klose Ein Kämpfer für Demokratie und Freiheit

Rhein-Kreis Neuss · Abgeordneter und Vize-Präsident im Landtag, Kreistagsabgeordneter, Bürgermeister in Korschenbroich, CDU-Kreisvorsitzender. Fast sechs Jahrzehnte ging in der Politik hierzulande ohne Hans-Ulrich Klose (fast) nichts. Jetzt ist er verstorben. Ende März wäre er 87 Jahre alt geworden.

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Foto: Hans-Juergen Bauer/Bauer, Hans-Jürgen (hjba)

Demokratie lebt vom Engagement ihrer Bürger. An dieser Erkenntnis richten vor allem Menschen ihr Handeln aus, die in einer Diktatur leben mussten. Hans-Ulrich Klose, 1935 im brandenburgischen Rüdersdorf geboren, landete 1956 als „Staatsfeind der DDR“ für ein Jahr im Zuchthaus Brandenburg, flüchtete nach seiner Entlassung in die Bundesrepublik, studierte Jura, aktivierte sich in der CDU, brachte es als frei gewählter Abgeordneter bis zum Vize-Präsidenten im nordrhein-westfälischen Landtag.

Auch nach seinem Abschied aus der Politik verfolgte Klose mit wachem Auge gesellschaftliche Entwicklungen, mischte sich ein. Sein kleines Appartement im Kleinenbroicher Tabita-Seniorenzentrum funktionierte er – umgeben von Büchern und Zeitungen – zum Büro um. In der Geborgenheit des Hauses, das er einst als Politiker mit auf den Weg gebracht hatte und das 2004 von der Diakonie eröffnet wurde, schlief der bekennende evangelische Christ Hans-Ulrich Klose jetzt für immer ein.

Unglaubliche 58 Jahre führte Hans-Ulrich Klose ununterbrochen als Vorsitzender den Sozialausschuss des Kreistages. „Er hat eine Ära geprägt“, sagt Rainer Thiel, der als langjähriger Vorsitzender der SPD-Fraktion oft Kloses erbitterter Gegenspieler, nicht selten aber auch konstruktiver Verhandlungspartner war: „Hans-Ulrich Klose kämpfte für die soziale Sache. Das hat den Menschen gut getan.“ Den Sozialpolitiker Klose würdigt auch Hermann Gröhe MdB: „Seine im christlichen Glauben wurzelnde Menschenfreundlichkeit hat mich sehr beeindruckt. Sie prägte seinen Einsatz für die Schwachen und seinen Blick auf die Schwächen aller Menschen.“ Gröhe löste 2001 Klose als Vorsitzender der CDU im Rhein-Kreis Neuss ab: „Er war mir ein verlässlicher und unaufdringlicher, ja freundschaftlicher Ratgeber.“

 1961 wurde Klose erstmals für die CDU in den Kreistag gewählt, in dem er stets zu den prägenden Gestalten gehörte.

1961 wurde Klose erstmals für die CDU in den Kreistag gewählt, in dem er stets zu den prägenden Gestalten gehörte.

Foto: Ludger Baten

Landtagsabgeordneter (1966 bis 2005) und Vize-Präsident (1982 bis 2000) im Düsseldorfer Parlament, Kreistagsabgeordneter (1961 bis 2020) und Erster Stellvertretender Landrat (2004 bis 2020), Ratsherr (1961 bis 1974; 1994 bis 1999) und Bürgermeister (1994 und 1999) der Stadt Korschenbroich, dazu 25 Jahre CDU-Chef – in sechs Jahrzehnten ging in der Rhein-Kreis-Politik wenig ohne Hans-Ulrich Klose. Mit seinem Tod verliert der Rhein-Kreis, aber eben auch die Einwohner, eine Persönlichkeit, die über Parteigrenzen hinweg Gesellschaft nicht verwalten, sondern gestalten wollte. Sein Credo: Die Mächtigen dürften die Anliegen der Menschen nicht aus den Augen verlieren. „Es kommt auf den Politiker an. Nicht auf die Partei.“

Der Rhein-Kreis in seinem heutigen Zuschnitt mit seinen acht Kommunen, darunter die Stadt Meerbusch, ist das Ergebnis der Kommunalen Neugliederung von 1975. Ihr ging ein mehrjähriger politischer und juristischer Kampf voraus, in dem Klose gemeinsam mit seinen CDU-Kollegen aus den benachbarten Wahlkreisen, Heinz-Günther Hüsch (Neuss) und Peter Giesen (Jüchen), wegen ihres solidarischen Auftretens als die „Heiligen drei Könige aus Neuss“ bekannt wurde. Seither war das Trio Stammgast bei Jubiläen der Stadt Meerbusch, dessen Erhalt es erstritten hatte.

Klose verdiente sich Respekt und Ansehen, weil er Wahrheiten aussprach. Das tat er auch auf diplomatischem Parkett. Als er Erich Honecker 1987 bei einem Empfang auf Schloss Benrath begegnete, sprach er den Staatsratsvorsitzenden der DDR auf das „gemeinsame Schicksal“ an. Beide hatten im Zuchthaus Brandenburg gesessen – wenn auch nicht zeitgleich. Daran erinnerte Klose Honecker unerschrocken: „Sie unter den Nationalsozialisten und ich unter Ihrem Regime.“ Klose forderte: „Geben Sie die politischen Gefangenen frei!“ Hans-Ulrich Klose wusste, worüber er sprach.

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