Masken weg, Impfpflicht vom Tisch – und nun? Corona-Politik ist und bleibt ein Trauerspiel

Meinung | Rhein-Kreis · Die Maskenpflicht weg, viele Schutzmaßnahmen aufgehoben. Wie reagieren die Menschen im Rhein-Kreis Neuss? Offensichtlich besonnener als manche in der Bundespolitik. Warum die Pandemie-Politik ein Trauerspiel bleibt – mit Auswirkungen für jeden einzelnen.

 Eine Impfpflicht wird es erstmal nicht geben.

Eine Impfpflicht wird es erstmal nicht geben.

Foto: dpa/Sven Hoppe

Hilf dir selbst, so hilft dir Gott. Kennen Sie, oder? Mit Blick auf die Corona-Politik handeln auch im Rhein-Kreis – Gott sei Dank – viele schon lange so: Schüler, die freiwillig Maske tragen, Kunden, die trotz Aufhebung der Maskenpflicht sich und andere weiter schützen, Geschäftsleute, die zumindest darum bitten, in ihren Räumen weiter zur Maske zu greifen, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die weiter sensibel mit dem Thema Corona umgehen, Schutzmaßnahmen aufrecht erhalten und Homeoffice weiter möglich machen. Ohne diese Umsicht wäre die Auslastung der Krankenhäuser höher, würde kritische, aber auch ganz „normale“ Infrastruktur längst an die Grenzen ihrer Belastbarkeit geraten. Das erfahren alle, die im Berufsleben stehen oder Kinder in der Schule haben derzeit jeden Tag. Für politisches Versagen beim Thema Corona könnten sie sich eigentlich stundenlang aufregen, inzwischen langt es wohl vielfach nur noch für ein müdes, verständnisloses Schulterzucken.

Im Rhein-Kreis wurde und wird in der Pandemie viel geleistet, gerade deshalb müssten die Verantwortlichen eigentlich der Verzweiflung nahe sein. Erst wenige Monate ist es her, dass auch Landrat Hans-Jürgen Petrauschke und andere für eine Impfpflicht plädierten. Die Mehrheit der Deutschen ist nach aktuellen Umfragen übrigens immer noch dafür, ebenso wie für eine Aufrechterhaltung der Corona-Schutzmaßnahmen. Die Mehrheit, aber eben nicht alle. Ob eine Impfpflicht das geeignete Mittel ist, bei den derzeit noch nicht von der Impfung überzeugten Menschen einen Sinneswandel herbeizuführen, darf angesichts entsprechender Umfragen bezweifelt werden. Auch fehlen noch schlüssige Konzepte zur Durchsetzung einer Impfpflicht. Insofern ist die Nicht-Entscheidung des Bundestages kein Drama. Der Weg zu dieser Entscheidung und die Debatte, die stark von politischem Kalkül und weniger der Frage nach den besten Optionen für eine höhere Impfquote in Deutschland geprägt war, hatte allerdings das Zeug zum Trauerspiel. Was bleibt ist ein Scherbenhaufen. Und maximal das Prinzip Hoffnung, dass Corona – entgegen der Befürchtungen der Wissenschaft – vielleicht doch einfach in Kürze endet. Ist das wahrscheinlich? Nein. Wahrscheinlicher ist, dass mit einem weiteren Virus oder auch nur einer neuen Virusvariante alles wieder von vorn beginnt. Vielleicht schon im Herbst könnte eine neue Welle drohen, mit allen Konsequenzen für Gesundheitssystem, für Schulen und Schüler, für Unternehmer und Arbeitnehmer, die erneut um ihre Existenz fürchten müssten. Von dem Verlust an Freiheit ganz abgesehen, der eben nicht mit Impfungen und Coronaschutzmaßnahmen droht, sondern ohne sie. Diejengen, die verantwortlich handeln und die Möglichkeit dazu haben, werden wieder selbst vorsorgen. Andere, erfahrungsgemäß leider immer noch zu viele, werden es nicht tun und damit dafür sorgen, dass die Gesamtgesellschaft wieder stärker mit Einschränkungen belegt wird als nötig. Insofern wird es mit Blick auf Corona wohl erst einmal dabei bleiben: Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott.

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