Clemens-Sels-Museum sucht Exponate Nur mit Hilfe von privaten Sammlern

Die Einen wollten, die Anderen nicht. Zu Letzteren gehörte vor allem der preußische König, der die neue Idee als Einladung an die feindlichen Franzosen betrachtete, bequem bis vor die Tore des Reiches zu ziehen: Die Eisenbahnstrecke Düsseldorf-Aachen erhitzte vor 150 Jahren überall die Gemüter, auch in Neuss, das damit doch schon sehr früh die Chance bekam, ans Eisenbahnnetz angeschlossen zu werden.

Aber die Befürworter setzten sich durch - nicht zuletzt auch, weil sie die wirtschaftliche Bedeutung für die Region erkannten. Tatsächlich nahm mit der Einweihung der Strecke am 17. Januar 1853 die Industrialisierung einen deutlichen Aufschwung; Neuss konnte sich auch dank der verbesserten Verkehrsanbindung (bis hin zum Bau der Hafen- und Ringbahn 1904) im 19. Jahrhundert zum drittgrößten Ölmühlenstandort aufbauen.

Wie die Quirinusstadt sich entwickelt hätte, wenn die Bahnstrecke nicht gebaut worden wäre, ist eine müßige Frage; doch dass die Pro-Entscheidung erhebliche Auswirkungen auf die Geschichte der Stadt gehabt hat, ist wohl keine Frage. Auch für das Clemens-Sels-Museum nicht, das sich als Haus der Stadthistorie zum 150. Jahrestag 2003 in einer Ausstellung diesen Konsequenzen widmen will: "Mit Volldampf in die neue Zeit" - der Titel steht schon fest, allein es fehlt an Exponaten.

Die dürftige Materiallage ist es auch, die den Kurator der Schau, Dr. Thomas Ludewig, schon jetzt, mehr als ein Jahr vor Ausstellungsbeginn im September 2003, zur Vorstellung des Projektes treibt: "Wir hoffen darauf, dass in Privathaushalten oder auch bei Eisenbahnsammlern Dinge aus dieser Zeit zu finden sind, die uns als Leihgaben überlassen werden." Das Museum kann dabei alles gebrauchen: Ansichtskarten, alte Fahrkarten, Fahrpläne, Fotografien oder Filme vom Neusser Bahnhof, Arbeitskleidung und -geräte von Bahnbeamten, Lokführern und Gleisarbeitern, Modelle, Zugschilder, Signale und, und, und ...

Einiges hat Ludewig dabei schon auftreiben können. Reproduktionen von alten Stichen etwa oder Postkarten; anderes wie eine Reisetasche, einen Zuckertopf mit Eisenbahnmotiv aus der Anfangszeit, Fahr- und Streckenpläne hat er zum Teil im eigenen Bestand aufgestöbert. Zurzeit ist er noch dabei, fahrende Kino-Schausteller aufzuspüren, "die früher bei der Kirmes alles Mögliche in Neuss gefilmt und in ihren Wanderkinos gezeigt haben".

Selbstverständlich hat er auch Anfragen an die Kollegen anderer Häuser in der Region gerichtet. Ludewig geht es dabei um die Einordnung all dessen, was aus diesem Streckenbau in Neuss entstanden ist. Die Wohnsiedlungen für die vor allem aus Italien stammenden Eisenbahn-Wanderarbeiter zum Beispiel, oder die Auswirkungen auf die Industriezweige wie das Eisenhüttenwerk. Unterstützt wird er dabei von Jörg Stellet, Leiter der DGEG-Gruppe Rheinland und Wolfgang Stock, ebenfalls DGEG-Mitglied und zugleich Leiter einer internationalen Fahrplansammler-Gemeinschaft.

Für die beiden passionierten Eisenbahnliebhaber und -kenner aus Neuss ist die Bedeutung der Strecke Düsseldorf-Aachen völlig unstrittig. Die beiden werden ihr Wissen nicht allein in die Gestaltung der Ausstellung einfließen lassen, sondern auch in Vorträgen und besonderen Veranstaltungen kundtun. Wie zum Beispiel dieses: Lange Zeit sei man auch in der Frage der Streckenführung uneins gewesen.

"Da, wo die Brücke jetzt über den Rhein führt", sagt Stellet, "wollte man sie nie haben, eben aus Angst vor den Franzosen. Trotzdem wurde sie letztlich genau dort gebaut, nur hat der preußische König die Freigabe immer wieder hinausgezögert. Aus unerfindlichen Gründen ließ er sie dann nur wenige Tage vor Ausbruch des deutsch-französischen Krieges, am 24. Juli 1870, zu..." Helga Bittner

Hinweise nehmen das Clemens-Sels-Museum unter der Telefonnummer 904134 und Jörg Stellet unter 0163/6677030 entgegen.

(NGZ)
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