In der Quirinusbasilika Neusser Kammerorchester mit ambitioniertem Konzert

Neuss · Joachim Neugart hatte sich mit der 5. Sinfonie des Komponisten Anton Bruckner schwere Kost für die Silvester-Darbietung in der Quirinusbasilika vorgenommen.

 Das Neusser Kammerorchester und sein Leiter Joachim Neugart beim Silvesterkonzert in der Quirinusbasilika.

Das Neusser Kammerorchester und sein Leiter Joachim Neugart beim Silvesterkonzert in der Quirinusbasilika.

Foto: Georg Salzburg (salz)

Wenn sich zum musikalischen Finale gleichsam der Himmel öffnet, dann kann ein neues Jahr getrost beginnen. Das Neusser Kammerorchester (NKO) und sein Leiter Joachim Neugart hatten sich mit der 5. Sinfonie des österreichischen Komponisten Anton Bruckner schwere Kost und ein hartes Stück Arbeit für das Silvesterkonzert in der Quirinusbasilika vorgenommen. Das war auch als Würdigung für Professor Wilhelm Schepping gedacht, der im Dezember 90 Jahre alt wurde und das NKO 1957 gegründet hatte. Natürlich wohnte der so Geehrte der Aufführung bei, die man anschließend nur als „spektakulär“ bezeichnen darf.

Die Stammbesetzung des NKO, das längst durch Konzertreisen in alle fünf Kontinente zum exzellenten Werbeträger der Stadt geworden ist, reicht für ein Kolossalgemälde à la Bruckner nicht. Joachim Neugart erweiterte das Orchester symphonisch auf 65 Musiker. Viele ehemalige Mitglieder des NKO, die Berufsmusiker geworden sind, kamen Ende Dezember zu Intensivproben nach Neuss, dazu band der Orchesterleiter mehrere Instrumentalisten, die derzeit ihr Musikstudium in Düsseldorf absolvieren, in das Projekt ein. So konnte Bruckner originalgetreu zelebriert werden. Alleine für das bedeutende Blech konnten drei Trompeten, drei Posaunen und eine Basstuba gewonnen werden, fünf Kontrabässe sorgten neben sechs Violoncelli für ein stets makelloses Fundament ebenso wie die vier Hörner unter den Holzbläsern. An der Pauke saß mit Bärbel Hammer-Schäfer eine der immer noch zu wenigen Paukistinnen in Deutschland. Sie war bereits öfter in Neuss, zuletzt mit dem Barockensemble „Concert Royal Köln“ beim Silvesterkonzert 2017.

Aufregung gab es um den Konzertmeister. Geplant war Winfried Rademacher: Der Violinprofessor ist in Neuss geboren und hat sich seine ersten Meriten im NKO bei Schepping verdient. Er meldete sich wenige Tage vor der Generalprobe als Corona-positiv. Auch sein Ersatz war einen Tag vor der abschließenden Probe positiv. So übernahm Seoran Kim die Verantwortung. Sie ist Violinistin im „Virtus-Quartett“, das 2017 von koreanischen Studenten der Robert-Schumann-Hochschule gegründet wurde. Apropos Corona: Die Quirinusbasilika war sehr gut besucht, auch wenn wegen der Einschränkungen nicht die 500 Besucher früherer Silvesterkonzerte erreicht werden konnten. Einschränkungen gab es auch durch den langen Nachhall. Joachim Neugart milderte dies durch angemessene Tempi und sinnvolle Pausen. Mit faszinierender Konzentration und Augenkontakt zu jedem einzelnen Musiker entwickelte er das Werk aus seinen motivischen Keimzellen und führte den großen Klangkörper zur Einheit von technischer Vollkommenheit mit der tiefen gemeinsamen Erfahrung von Bruckners „kontrapunktischem Meisterstück“, wie der Komponist selbst sagt.

Die Nachwelt hat seine 5. Sinfonie auch „Glaubenssinfonie“ genannt. Dafür mögen im Finale meisterliche Doppelfuge und sakraler Blechbläserchoral mit mystischen Anklängen bestimmend gewesen sein. Denn das NKO spielte die Urfassung nach der autographen Partitur, die auch von der Dramaturgie her gesehen der Gipfelpunkt ist.

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