Kultur im Rhein-Kreis Neuss Orte für internationale Kunst

Hombroich · Ob Museumsinsel, Langen Foundation oder Skulpturenhalle: Hombroich ist immer einen Besuch wert. Ein Rundumblick.

 Kunst mit Wiedererkennung: „Das Parlament“ von Anatol steht auf der Museumsinsel Hombroich.

Kunst mit Wiedererkennung: „Das Parlament“ von Anatol steht auf der Museumsinsel Hombroich.

Foto: Helga Bittner (hbm)

Zwischen 70.000 und 90.000 Besucher erkunden die Museumsinsel Hombroich jährlich. Das zwischen Neuss-Holzheim und Grevenbroich-Kapellen liegende, 1982 erworbene und 1984 erweiterte Areal mit Wasserflächen, Feuchtgebieten, Waldstücken und großen Bäumen genießt nicht nur in den Niederlanden und Belgien einen außerordentlichen Ruf, sondern auch in Deutschland selbst. Selbst in Corona-Zeiten kommen die Besucher vorrangig aus diesen Ländern, genießen „Kunst parallel zur Natur“ (so lautet das Motto der Insel) und pausieren vom Alltag.

Dass dort Werke von Rembrandt, Jean Fautrier, Lovis Corinth, Alexander Calder, Hans Arp, Henri Matisse, Yves Klein oder Gotthard Graubner zu besichtigen sind, Khmer-Skulpturen ebenso, kann man nur wissen, wenn man sich auskennt. Denn alle ausgestellte Kunst wird ohne Hinweis auf den Künstler oder die Entstehungszeit gezeigt. Von der Geschichte eines Werkes oder seines Titels ganz zu schweigen. So hatte es Hombroich-Gründer Karl-Heinrich Müller gesagt, und so verfährt auch die von ihm gegründete Stiftung Insel Hombroich.

Das gilt auch während der Sanierungszeit. Rund 15 Millionen Euro, aus öffentlichen wie auch privaten Töpfen, investiert die Stiftung in die Ertüchtigung etwa des Labyrinths, des Tadeusz-Pavillons, der Schnecke oder des 12-Räume-Hauses. Davon ist zwar einiges schon abgeschlossen, aber jene Baustelle mit den größten Auswirkungen beginnt noch. Der Eintritt kostet 10 Euro (ermäßigt 5 Euro). Rund um das Labyrinth (die Behelfscafeteria ist wieder geöffnet) ist das Areal gesperrt, neue Laufwege leiten den Besucher, aber auch für die braucht man festes Schuhwerk.

Doch die Museumsinsel hat ein neues Haus: das frühere Wohnhaus und Atelier von Gotthard Graubner. Nach dessen Tod und dem Auszug seiner Lebensgefährtin wird das Gebäude als neues Ausstellungshaus genutzt, dort wird etwa Kunst aus dem Labyrinth gezeigt, derzeit ist dort die Ausstellung „Das unbekannte Depot“ zu sehen.

Gegenüber der Museumsinsel liegt die von Hombroich-Gründer Karl-Heinrich Müller 1994 dazugekaufte ehemalige Nato-Raketenstation, auf der heute Künstler leben und arbeiten, Archive wie das des verstorbenen Dichters Thomas Kling untergebracht sind. Andere Häuser, wie etwa der Siza-Pavillon, sind Ausstellungen gewidmet, und mit dem „Ein Stein Teehaus“ des Architekten und Historikers Terunobu Fujimori hat die Raketenstation eine neue, wenn auch vielleicht enge Attraktion jüngst dazubekommen.

Das vom japanischen Stararchitekten Tadao Ando entworfene Kunsthaus der Langen Foundation sowie die Skulpturenhalle der Thomas-Schütte-Stiftung liegen ebenfalls auf der „Rakete“, wie die (Stiftungs-)Mitarbeiter und Künstler gerne selbst sagen und den Namen ihres Arbeitsortes abkürzen.

Und längst hat die Langen Foundation über ihren Architekturstatus hinaus sich als festes Ausstellungshaus für internationale Kunst gezeigt. Ob mit Künstlern wie jüngst Alicia Kwade, oder wie Otto Piene, Olafur Eliasson oder Richard Deacon. Und spannend wird es, wenn in der nächsten Ausstellung der in Rumänien geborene Daniel Spoerri aus der Langen Foundation ein „Museum der Unordnung“ macht. Ob Ausstellungen ganzer Künstlergruppen wie aus der Bürger Collection Hongkong oder Künstler wie Park Seo-Bo oder Pae White: Mal ist die Schau ein Ergebnis der guten Zusammenarbeit mit anderen Institutionen, mal eines der guten Verbindungen in andere Länder. Immer sind sie hevorragende Ergänzung der hauseigenen Japanischen Sammlung oder der außereuropäischen Kunst. 

Dabei verlässt sich die Stiftung, an deren Spitze heute Tochter und Enkelin der Gründerin Marianne Langen, Sabine Langen-Crasemann, und deren Tochter Karla Zerressen, stehen, nicht allein auf Künstler mit großen Namen. In der Regel ist der ebenerdige Japanraum Zeitgenossen gewidmet. Zwei Ausstellungen maximal pro Jahr mit langen Laufzeiten, dazu die Räume, die jedes Mal – verblüffenderweise ist es egal, ob dort neue oder alte Kunst gezeigt wird – ein neues Gesicht haben: All das macht die Langen Foundation zu einem Kunstort auch für „Wiederholungstäter“. 2004 wurde das Ausstellungshaus eröffnet, die Stifterin selbst, die mit ihrem Mann Viktor auf vielen Reisen Kunst erworben hat, hat es nicht mehr erlebt, wohl aber noch die Grundsteinlegung.

In Sichtweite liegt die Skulpturenhalle nach den Entwürfen des Düsseldorfer, international gezeigten Bildhauers Thomas Schütte, für deren Trägerschaft eine Stiftung mit seinem Namen gegründet wurde. Die Skulpturenhalle unweit des Kirkeby-Feldes mit der Dependance des Neusser Clemens-Sels-Museums, nutzt Schütte immer wieder zu Ausstellungen der eigenen Kunst.

Oft genug hat er sie in seinem Depot (für das ein Annex im Bau ist) Werke entdeckt, von denen er nicht wusste, dass sie noch da waren. Oder der Bildhauer hat sie neu bearbeitet, wie etwa für die Ausstellung der „Skizzen zum Projekt Großes Theater“, die gerade zu Ende gegangen ist. Zwei große Ausstellungen pro Jahr sind dort üblich, entweder von Schütte oder Künstlern wie Paloma Vargas Weisz, Juan Muñoz, Mario Merz oder Richard Long.

Die nächste Ausstellung in der Skulpturenhalle steht auch für die vielfältigen Verbindungen des Bildhauers und seines langjährigen Mitarbeiters Dieter Schwarz in die internationale Kunstszene. Die Schau zeigt Arbeiten der international bekannten spanischen Bildhauerin und Installationskünstlerin Christina Iglesias.

 Das Kunsthaus der Langen Foundation auf der Raketenstation.

Das Kunsthaus der Langen Foundation auf der Raketenstation.

Foto: Helga Bittner (hbm)
 Die Skulpturenhalle der Thomas-Schütte-Stiftung.

Die Skulpturenhalle der Thomas-Schütte-Stiftung.

Foto: Helga Bittner
 Das Haus der Musiker auf der Raketenstation wurde vom verstorbenen Architekten Raimund Abraham entworfen.

Das Haus der Musiker auf der Raketenstation wurde vom verstorbenen Architekten Raimund Abraham entworfen.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)
 Das frühere Atelierhaus von Gotthard Graubner auf der Museumsinsel ist heute auch ein Ausstellungspavillon.  Foto: hbm

Das frühere Atelierhaus von Gotthard Graubner auf der Museumsinsel ist heute auch ein Ausstellungspavillon. Foto: hbm

Foto: Helga Bittner
 Immer finden sich Skulpturen auf der Museumsinsel.

Immer finden sich Skulpturen auf der Museumsinsel.

Foto: Frank Kirschstein

Hinweis: In einer vorherigen Version des Artikel war für die Museumsinsel aufgrund der Baustellen-Situation ein Eintrittspreis von fünf Euro angegeben. Dies hat sich inzwischen geändert, so dass der aktuelle Eintritt bei zehn Euro (ermäßigt fünf Euro) liegt. Auch eine Behelfscafeteria wurde geöffnet.

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