Maler Ernst Barlach im Mittelpunkt einer Matinee Künstler mit Humor und Selbstironie

"Es gibt viel Humor in der Welt, also schau hin!" Diese Worte widersprechen dem weithin verbreiteten Bild eines deutschen Künstlers: Ernst Barlach, bekannt als Maler und Bildhauer, wird bis heute mit den Attributen "kompliziert" und "schwermütig" bedacht, seine humoristische Seite und seine Fähigkeit zur (Selbst-)Ironie werden dabei gerne außer Acht gelassen. Martin Herrmann, Wolfgang Schmitz, Bernd Färber, Mark Weigel und Niels Hansen stellten in einer Matinee im Rheinischen Landestheater den facettenreichen Künstler vor - denn Barlach, der stets auf der Suche nach dem vollkommenen Ausdruck war, begnügte sich nicht mit Skulpturen und Bildern.

Auch dem Schreiben widmete er sich und hinterließ nach seinem Tod 1938 acht Dramen. Eines davon, "Die echten Sedemunds", wird ab Freitag im Rheinischen Landestheater aufgeführt; die Matinee bot im Vorhinein einen interessanten Einblick in Barlachs Werk, Alltag und Gedanken. 1870 wurde er in Wedel (Holstein) geboren, in Hamburg und Dresden studierte er Bildhauerei. Um das Sorgerecht für seinen Sohn Klaus musste er kämpfen. Barlach war ein liebevoller Vater, was Tagebucheinträge zeigen: Gemeinsam spielten sie Weltreise, entdeckten Amerika und Afrika. Die "Vertreibung der Kinder aus ihrem Paradies" in das mit "Achtung! Vorsicht! Schulwüste!" betitelte Gebiet bedauerte Barlach.

Kinder beschäftigten ihn, ebenso der Gottesglaube. In seinen Augen kann niemandem der Glaube beigebracht werden - "wer gottvoll ist, ist es von selbst". Barlach übte Kritik an der Auffassung, der Mensch habe ein Recht auf Gottes Gnade, selbst Dankbarkeit stünde ihm nicht zu. Die Worte des Künstlers leben von ungewöhnlichen Bildern und komplexen Satzgefügen und sind daher nicht immer leicht zu erfassen. Seine philosophischen Ansätze verrieten, dass Barlach ein intelligenter und gebildeter Mann war.

Im Ersten Weltkrieg diente er zunächst als Soldat, bevor er seine Arbeit in ein Kinderheim verlegte. Zum Krieg hatte Barlach seine eigene Meinung: "Die Motive, die man anderen unterstellt, sind immer die eigenen", beurteilte er mit kritischem Unterton das Verhalten der "Deutschfeinde". Ab und zu wurden Barlachs Werke als "artfremd" bezeichnet, was ihn dazu veranlasste, sich nicht ohne Bitterkeit zu fragen, woran man sich in der Kunst orientieren solle. Selbstbewusst bekannte er sich als "Schülerschaft von unbekannten Meistern"; dem Expressionismus wollte er partout nicht zugeordnet werden.

Nach der Machtergreifung Hitlers wurden Aufführungen und Ausstellungen der Kunstwerke Barlachs verboten, man schloss ihn aus der Preußischen Akademie der Künste aus, und wenig später starb er vereinsamt in einer Rostocker Klinik. Lebhaft lasen die Schauspieler vor und schufen eine gemütliche Atmosphäre, in der das Zuhören nicht schwer fiel. Nachdem man ihren Erschaffer kennen gelernt hat, werden nun die "echten Sedemunds" gespannt erwartet. Anna Schnürch

(NGZ)
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