Rhein-Kreis Krisenregion Rhein-Kreis?

Das Pestel-Institut in Hannover hat die Krisenfestigkeit der Regionen Deutschlands untersucht und dem Rhein-Kreis einen Platz am Tabellenende zugewiesen. Doch die Verantwortlichen amüsiert das neueste Ranking vor allem.

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Foto: Peste-Institut

Rhein-Kreis Guter Branchenmix, breiter Mittelstand, hervorragende Infrastruktur: In immer neuen Untersuchungen wurden dem Rhein-Kreis aufgrund dieser Stärken Spitzenpositionen im regionalen und nationalen Vergleich eingeräumt. Doch trägt all das auch in der Krise? Dieser Frage ist das Pestel-Institut in Hannover nachgegangen und hat die Frage gestellt: Was wäre, wenn? Ergebnis: Der Rhein-Kreis ist alles andere als krisenfest. Platz 344 von 412 bewerteten Regionen.

Das Ergebnis scheint nicht geeignet, den Verantwortlichen in Wirtschaft und Verwaltung Sorgen zu machen. Im Gegenteil. „Krisenregion? Das ist das Neueste, was ich höre“, reagiert Rainer Növer, Geschäftsführer Standortpolitik bei der IHK, amüsiert. Die Studie sei „nicht ernst zu nehmen“. Und auch für den Rhein-Kreis kommt Sprecher Harald Vieten zu einem ablehnenden Urteil. „Vor Unfug bei Rankings ist man nicht geschützt.“ Statt „theoretischer Planspiele“, so Vieten, sollte man Fakten bewerten. Denn hat nicht der Rhein-Kreis die jüngste und größte Finanz- und Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit „recht gut gemeistert“?

Matthias Günther vom Pestel-Institut und sein Team kommen trotzdem zu dem Schluss, dass sich Kreise und Städte mit „möglichen Krisenszenarien wesentlich intensiver befassen sollten als bisher“. Denn die nächste Krise kommt bestimmt. „Wir rauschen in eine Versorgungskrise“, sagt Günther mit Blick auf knappe Ressourcen bei fossilen Rohstoffen und - erkennbar - Nahrungsmitteln. Die Fixierung allein auf wirtschaftliches Wachstum sei nicht zukunftsfähig. Denn, so Günther, „wohin wollen wir denn noch hinwachsen?“

Also wechselt die Studie die Perspektive und betont die Kehrseite der Globalisierung. Weltweite Arbeitsteilung habe dazu geführt, „dass eine kurzfristige Versorgung der Bevölkerung aus der Region nahezu unmöglich“ geworden ist. Viel Landwirtschaftsfläche je Einwohner ist deshalb ein Indikator, der hoch bewertet wird - und bei dem der Rhein-Kreis ganz schlecht abschneidet. Bei der Energieversorgung wiederum fragt die Studie vor allem nach den Möglichkeiten dezentraler Energieerzeugung, lässt aber die im Rhein-Kreis verfügbare Braunkohle außen vor.

Dass viel Wald (Brenn- und Baumaterial) gut, eine starke Wirtschaft mit hohen Exportquoten (Abhängigkeit von der Weltwirtschaft) dagegen schlecht bewertet werden, erklärt die guten Werte für viele Regionen Ostdeutschlands und das schlechte Abschneiden des Rhein-Kreises. „Jeder Standort, dem es gut geht, ist demnach ein Krisenstandort“, sagt Rainer Növer. „Und Steinzeitmenschen lebten extrem krisensicher. Autark und ohne Wohnung extrem mobil in Krisen.“

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