Rhein-Kreis Neuss Kreispolitik sucht den richtigen Weg im Wohnungsbau

Rhein-Kreis Neuss · Braucht der Rhein-Kreis eine eigene Gesellschaft, um den Wohnungsbau anzukurbeln? Die Politik diskutiert und wartet gespannt auf die Ergebnisse eines Gutachtens.

 Nicht genügen Kräne drehen sich über dem Rhein-Kreis: Bis 2030 fehlen 7700 neue Wohnungen.

Nicht genügen Kräne drehen sich über dem Rhein-Kreis: Bis 2030 fehlen 7700 neue Wohnungen.

Foto: IG Bau

Das Gutachten liegt noch nicht vor, sorgt aber bereits für Gesprächsstoff: Was kann der Rhein-Kreis tun, um für Entspannung auf dem Wohnungsmarkt zu sorgen? Voraussichtlich am 30. August sollen die Ergebnisse einer entsprechenden Analyse des vom Kreis beauftragten Unternehmens InWIS Forschung & Beratung im Kreisausschuss vorgestellt werden. CDU und FDP im Kreistag forderten allerdings jetzt schon in einem gemeinsamen Antrag eine "Konzeption zur Verbesserung des Wohnraumangebotes". Der Hintergrund: Landrat Hans-Jürgen Petrauschke rechnet damit, dass kreisweit bis 2030 rund 7700 Wohnungen gebaut werden müssen. Ursache ist weniger der Zuzug von Flüchtlingen als das erwartete Bevölkerungswachstum.

Anders als für andere - schrumpfende - Kommunen in Nordrhein-Westfalen rechnet das Landesamtes für Statistik in den kommenden Jahren mit einem Bevölkerungsanstieg von rund sechs Prozent im Rhein-Kreis. Vor allem preisgünstiger Wohnraum ist knapp und wird aller Voraussicht nach noch knapper.

CDU und FDP griffen die Diskussion jetzt noch einmal auf: "Das Angebot an Sozialwohnungen im Rhein-Kreis ist eng bemessen", heißt es in dem Antrag. Die Prognose der demografischen Entwicklung zeige, dass der Bedarf das Angebot übersteigen werde. Deshalb müssten "pragmatische Lösungskonzepte" entwickelt werden, um dieser Entwicklung im gesamten Kreisgebiet entgegenwirken zu können.

Die Idee für eine Kreis-Wohnungsbaugesellschaft, wie sie der Landrat bereits im vergangenen Jahr entwickelt hatte, kommt in dem Papier von CDU und FDP nicht vor, sie beherrschte aber dennoch die dadurch ausgelöste Diskussion. Carsten Thiel (UWG/Die Aktive) ist ein energischer Verfechter einer neuen Kreis-Wohnungsbaugesellschaft: "Wir brauchen eine solche Gesellschaft unbedingt - und zwar unabhängig von der Stadt Neuss." Dort, so Thiel, werde auch von der städtischen Tochter Neusser Bauverein zu hochpreisig gebaut. "Das hilft den Menschen, die im Kreis günstigen Wohnraum suchen, nicht weiter." Die Konsequenz aus der Sicht des Neusser Kreistagsabgeordneten: "Neuss braucht Konkurrenz." Wie der Neusser Bauverein könne auch eine noch zu gründende Kreis-Wohnungsbaugesellschaft Grundstücke erwerben "und dann den Neussern mal zeigen, wie man preiswerten Wohnraum schafft".

Aus SPD-Sicht stellt sich die Situation allerdings weit weniger eindeutig dar: "Wir müssen die Städte ins Boot holen, schon wegen der nötigen Eigenkapitalausstattung und dem Bauland, das zu generieren wäre", sagt Udo Bartsch, SPD-Kreistagsabgeordneter aus Kleinenbroich. Angesichts der Initiative von CDU und FDP habe er sich gefragt, ob es sich um einen "Schaufensterantrag" handele. Schließlich stehe die vom Kreis beauftragte Analyse der Wohnraumsituation ja noch aus. Ohne deren Ergebnis sei die Frage, ob eine Kreis-Wohnungsbaugesellschaft das geeignete Instrument ist, um die Probleme auf dem Wohnungsmarkt zu lösen, nicht zu beantworten. Rolf Kluthausen (FDP) fordert dennoch, die Politik bereits jn der Analysephase einzubeziehen: "Wir sollten den aktuellen Sachstand kennen."

Den liefert Benjamin Josephs von der Kreiswirtschaftsförderung: Die Analyse von InWIS, für die derzeit die Daten der Kreiskommunen ausgewertet würden, sei tiefgehend: "Wir sollen bis auf einzelne Quartiere heruntergebrochen sehen können, wo welcher Bedarf besteht." Dieser Bedarf soll in Qualität und Quantität benannt werden: Zahl der fehlenden Wohnungen, nachgefragte Preissegmente, Größen und Wohnformen von der Miete bis zum Eigenheim sollen ermittelt werden. Eine Rolle spielen soll auch die Frage, wie der der Wohnungsbedarf gedeckt werden kann. Deshalb werde auch die Leistungsfähigkeit bestehender Akteure auf dem Wohnungsmarkt analysiert. Einzelne Gesellschaften und Genossenschaften hätten bereits abgewunken und sähen sich wegen der erforderlichen Eigenkapitalquote von 40 Prozent inzwischen am Ende ihrer Möglichkeiten. Für Petrauschke ist das ein Argument, das für eine Kreis-Wohnungsbaugesellschaft sprechen könnte: Die öffentliche Hand könnte gegebenenfalls von günstigeren Refinanzierungsmöglichkeiten profitieren.

Klar sei, so der Landrat, dass der Markt allein das Problem des fehlenden Wohnraums nicht regeln könne. Allerdings sei die Situation im Kreis, je nach Kommune, unterschiedlich: "In Neuss gibt es den Bauverein, der auf diesem Feld aktiv ist. In anderen Kommunen ist das nicht der Fall." Sollte am Ende die Gründung einer Kreis-Wohnungsbaugesellschaft in Betracht gezogen werden, so Petrauschke, müsse das nicht bedeuten, dass eine Gesellschaft mit viel eigenem Personal entsteht: "Man kann auch vorhandenes Know-how gegen Gebühr nutzen." Im Wohnungsmarkt sei es wichtig, mit Partnern zu arbeiten, die in diesem Bereich möglichst langjährige Erfahrung hätten.

(ki-)
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