Rhein-Kreis Neuss Kreis droht Land mit Klage

Rhein-Kreis Neuss · Weil er im "Stärkungspakt Kommunalfinanzen" des Landes eine große Gefahr für die Haushalte der Kommunen im Rhein-Kreis sieht, erwägt Hans-Jürgen Petrauschke den Gang vor das Gericht.

 Wenn es um eine Klage gegen das Land geht, hat Landrat Hans-Jürgen Petrauschke (l.) den Neusser Bürgermeister Herbert Napp an seiner Seite.

Wenn es um eine Klage gegen das Land geht, hat Landrat Hans-Jürgen Petrauschke (l.) den Neusser Bürgermeister Herbert Napp an seiner Seite.

Foto: woi

Als einen "Schwächungspakt für die Heimat" bezeichnet Landrat Hans-Jürgen Petrauschke den "Stärkungspakt Kommunalfinanzen" der Landesregierung. Weil er glaubt, dass das Land mit der Mittelumverteilung zu Gunsten einiger weniger Städte — insbesondere im Ruhrgebiet — alle Kommunen im Rhein-Kreis Neuss "absehbar in die Haushaltsicherung" treibt, schließt er eine Klage gegen das Land nicht mehr aus.

Um was geht es? Überschuldete Kommunen in NRW soll durch den "Stärkungspakt Kommunalfinanzen" ab diesem Jahr mit 350 Millionen Euro jährlich bis 2020 geholfen werden. Spätestens ab 2014 sollen besser gestellte NRW-Kommunen, erläutert Petrauschke, mit einer 150 Millionen Euro schweren Solidaritätsabgabe und einer Umverteilung im Rahmen des Gemeindefinanzierungsgesetzes (GFG) für jene notleidenden Kommunen zahlen.

Petrauschkes Kritik: "Nutznießer sind vor allem überschuldete Städte im Ruhrgebiet. Keine einzige Stadt im Rhein-Kreis zählt zu den Kommunen, die das Land in diesem Jahr mit einer Finanzspritze segnen möchte, obwohl Städte wie Grevenbroich, Jüchen und Korschenbroich bereits Nothaushalte fahren." Und es könnte noch schlimmer kommen: Nach bisherigen Hochrechnungen werden der Rhein-Kreis und seine Kommunen für den Stärkungstopf des Landes zur Kasse gebeten. "Das ist ein unglaublicher Vorgang, der jegliche Sparbemühungen in der Zukunft vor Ort ernsthaft in Frage stellen wird." Petrauschke: "Solidarität darf in NRW nicht heißen, allen Kommunen soll es möglichst gleich schlecht gehen!"

Der Landrat sieht darüber hinaus weitere Belastungen auf den Rhein-Kreis und dessen Kommunen zukommen. Nach der ersten Modellrechnung des Landes für eine Gemeinde-Finanzierungs-Gesetz erhält der Kreis im nächsten Jahr 12,9 Millionen Euro weniger Schlüsselzuweisungen des Landes. Ungemach droht auch vom Landschaftsverband (LVR): Der Kreis muss rund elf Millionen Euro mehr zahlen.

Der Kreishaushalt könne nur ausgeglichen werden, so der Landrat, wenn die neuen Zusatzbelastungen auch von der Kreisgemeinschaft mit gezahlt werden: Neuss wäre mit 7,8 Millionen, Meerbusch mit 1,8 Millionen und Grevenbroich mit 14,5 Millionen Euro mehr an der Kreisumlage beteiligt. Eine Klage des Landrats würde die Grevenbroicher Bürgermeisterin Ursula Kwasny befürworten: "Eine zusätzliche Beteiligung von 14,5 Millionen Euro an der Kreisumlage wäre für uns eine Katastrophe", sagt sie. Ohnehin sei die Nothaushaltskommune schon längst an ihre Grenzen gestoßen: "Im Dezember bringen wir unseren Haushalt mit einem Defizit von 35 Millionen Euro ein. Ich möchte gar nicht daran denken, wenn da noch 14,5 Millionen obendrauf kämen."

"Der Kreis trifft in seiner Erklärung den Punkt", sagt Dormagens Bürgermeister Peter-Olaf Hoffmann. Die Stadt rutsche weiterhin in die Verschuldung ab. Auch er rechnet mit zusätzlichen Forderungen vom LVR: "Anlass für Jubelschreie gibt es nicht, unsere Situation ist nach wie vor ein Drama." Dagegen warnt der Neusser Kämmerer Frank Gensler davor, beide Themen zu vermischen: "Bei einer Klage gegen den Stärkungspakt sind wir an der Seite des Landrates. Aber nicht, was die Kreisumlage betrifft. Der Kreis bekommt keine Schlüsselzuweisungen, weil er eine hohe Finanzkraft hat."

(NGZ)
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