Rhein-Kreis Neuss Kredit für Unberührbare

Rhein-Kreis Neuss · Rhein-Kreis Neuss Karin Demuth kennt Indien gut. "Bei jeder neuen Reise spürt man den wirtschaftlichen Aufschwung mehr. Die Mittelschicht wächst, exklusive Autos und Geschäfte gibt es mittlerweile fast überall", sagt die Vorsitzende der im Rhein-Kreis Neuss verwurzelten Indien-Nothilfe.

Rhein-Kreis Neuss Karin Demuth kennt Indien gut. "Bei jeder neuen Reise spürt man den wirtschaftlichen Aufschwung mehr. Die Mittelschicht wächst, exklusive Autos und Geschäfte gibt es mittlerweile fast überall", sagt die Vorsitzende der im Rhein-Kreis Neuss verwurzelten Indien-Nothilfe.

Trotzdem: Rund 350 Millionen Inder leben von weniger als einem Dollar am Tag. Der Boom geht an ihnen vorbei. Allein 160 Millionen Menschen gelten als unberührbar. Sie stehen außerhalb des hinduistischen Kastensystems, werden diskriminiert und sind zu den niedrigsten Arbeiten verdammt.

Für sie will sich Karin Demuth nun besonders einsetzen. "In den vergangenen drei Jahren ist die Schere zwischen Arm und Reich noch größer geworden als bisher schon", so ihre nüchterne Beobachtung.

Bei der Indien-Nothilfe handelt es sich um einen seit 1994 in Neuss eingetragenen Verein, der Mitglieder in der Quirinusstadt, in Grevenbroich und Kaarst, in Düsseldorf und Ratingen hat. Karin Demuth, ihr Ehemann und stellvertretender Vorsitzender Walter Lück sowie zahlreiche Mitstreiter haben jetzt eine positive Bilanz ihres Projekts für die von der Tsunami-Katastrophe betroffene Bevölkerung gezogen.

Das 118 000 Euro teure Vorhaben ist zu 25 Prozent von der Nothilfe und zu 75 Prozent vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung finanziert worden. Das Geld kam den Unberührbaren, den "Dalits", zugute, die keine Unterstützung von Regierungen oder Angehörigen höherer Kasten erhielten. Jene, die durch die Flutwelle ihr Vieh verloren, bekamen Kühe.

Patres und Mitarbeiter des Jesuiten-Ordens begleiteten die Ärmsten der Armen beim Aufbau von Kooperativen, um die Milchprodukte zu vermarkten. Zweiter Baustein des Projekts war ein Ausbildungsprogramm für 500 Kastenlose. "Das war Super-Arbeit, wir sind sehr zufrieden mit der Entwicklung", sagt Karin Demuth, die soeben aus dem vom Tsunami stark betroffenen Bundesstaat Tamil Nadu im Südosten des Subkontinents zurückgekehrt ist.

Dort setzt auch ein neues, ebenfalls mit den Jesuiten geplantes Programm an. "Armutsbekämpfung durch Mikrofinanzierung" heißt das Projekt. Im Kern geht es um Klein-Kredite für Unberührbare. "Sie können damit Saatgut kaufen, eine Kuh, eine Nähmaschine oder eine Garküche - da gibt es unendlich viele Möglichkeiten", erklärt Karin Demuth.

Spenden von Privatleuten und Institutionen werden als Startkapital zur Verfügung gestellt und sollen nachher in "Dorfkassen" zurückgezahlt werden, die neue Investitionen für die Allgemeinheit begleichen. "Sternstunden", eine Benefiz-Aktion des Bayerischen Rundfunks, hat bereits einen Zuschuss von 100 000 Euro zugesagt. Die erste Rate ist schon da.

(NGZ)
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