Kosten der Unterkunft im Rhein-Kreis umstritten Kreis erwägt Berufungsverfahren

RHein-Kreis · Landrat deutet erste Konsequenzen aus der Niederlage vor dem Sozialgericht an.

 Kann nicht jede Miete akzeptieren: Landrat Petrauschke.

Kann nicht jede Miete akzeptieren: Landrat Petrauschke.

Foto: RKN/Mika Schiffer

Aus der Schlappe vor dem Sozialgericht Düsseldorf, das den grundsicherungsrelevanten Mietspiegel in seiner Fassung vor 2019 für ungültig erklärt hat, macht Landrat Hans-Jürgen Petrauschke ein Argument für große Anstrengungen beim Wohnungsbau. Ein Mietspiegel könne die chronische Knappheit auf dem Wohnungsmarkt – insbesondere im preisgünstigen Segment – nicht beseitigen, sagt er: „Umso wichtiger ist es, dass wir uns mit der Gründung einer Service- und Koordinierungsgesellschaft für preisgünstigen Wohnraum auf den Weg machen.“

Die Niederlage vor Gericht treibt den Landrat um. Zwei Wochen bevor ihn die Politiker Im Kreisausschuss mit ihren Fragen dazu löchern, geht er in die Offensive. Denn die Kosten der Unterkunft für Hartz-IV-Bezieher haben bereits das Niveau von 76,66 Millionen erreicht. Die im Mietspiegel festgelegten Ansätze, die das Jobcenter als angemessen anerkennt und bewilligt, um 25 Prozent anzuheben, wie das Urteil nahelegt, kann er sich nicht vorstellen. Und er hält einen solchen Schritt auch nicht für notwendig. Bei 90 Prozent der kreisweit aktuell 15.000 Bedarfsgemeinschaften, für deren Mietkosten die öffentliche Hand aufkommt, passe der Rahmen, sagte er am Freitag.

Das Gericht habe sich bei dem, was es als angemessen erklärt, offenbar an der Wohngeldtabelle orientiert. Als Kappungsgrenze gilt dieser Satz plus zehn Prozent. „Danach wird ohnehin gekürzt“, sagt Kreis-Sozialamtsleiter Siegfried Henkel.

Jede Miete zu akzeptieren, ergänzt Petrauschke, würde auch falsche Signale aussenden – an die Wohnungswirtschaft, aber auch an die Bevölkerung. Wer für sein Geld arbeite, dürfe beim Thema Wohnen nicht schlechter gestellt sein als der, der von Unterstützung lebt, sagt er.

Das Sozialgericht hatte Anfang Oktober in zwei Fällen gegen den Mietspiegel geurteilt. Eine andere Kammer des gleichen Gerichtes wiederum hatte in einem weiteren, ebenfalls noch nichts rechtskräftigen Urteil das Zahlenwerk des Kreises akzeptiert. „Allein dies legt nahe, das aktuelle Urteil von der nächsthöheren Instanz überprüfen zu lassen“, sagt Kreisdirektor Dirk Brügge.

Der Gang durch die Instanzen ist eine Option, die möglicherweise vorzeitige Überarbeitung des gerade erst im Februar – mit angehobenen Mietsätzen – in Kraft getretenen neuen Mietspiegels könnte eine weitere Möglichkeit sein, wie mit dem Urteil umgegangen wird. Über das Was und Wie will man sich im Kreishaus aber erst unterhalten, wenn die schriftliche Begründung des Urteils vorliegt und analysiert werden konnte.

Fest steht für Petrauschke bereits, dass nur ein geringer Teil der Leistungsempfänger von möglichen Kosten aus dem Urteil betroffen sein würden. „Wo alle Kosten zu 100 Prozent erstattet werden, gibt es keinen Anspruch auf Erhöhungen“, sagt er mit Blick auf die Bedarfsgemeinschaften, die mit der Mietzahlung hinkommen. Nur vier Prozent der Haushalte seien von Kürzungen betroffen, weil sie zu teuer wohnen.

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