Das Solisten-Ensemble "Piu" in der Erlöserkirche Kostbare Musikschätze in lebendiger Frische

Es war auch diesmal wieder sehr lohnende, dennoch weitgehend unbekannte Kammermusik, die im jüngsten Konzert der "Kultur"-Reihe in der atmosphärisch so geeigneten, akustisch als Holzbau so musikfreundlichen alten Reuschenberger Erlöserkirche dem interessiert lauschenden Publikum geboten wurde.

Zu Gast war das überwiegend mit Neuss familiär und musikalisch langjährig verbundene Solisten-Ensemble PIU (was "Mehr" bedeutet!), dessen als Instrumentalisten in niederrheinischen Orchestern tätige Mitglieder kostbare Musikschätze ausbreiteten. Drei der insgesamt vier Werke des Abends erklangen in der Grundbesetzung des Ensembles von Oboe (Andreas Gosling), Violine (Eva Gosling), Viola Martin Börner) und Violoncello (Thomas Grote). Den Rahmen des Konzerts bildeten zwei Oboenquartette der Frühklassik: eröffnend das ebenso musikantische wie graziöse C-dur-Quartett des Bach-Sohnes Johann Christian, als Abschluss das in den Ecksätzen gehaltvoll-kurzweilige, im Mittelsatz von Wehmut erfüllte Quartett op. 8 Nr. 4 des böhmisch/Mannheimischen Erneuerers Johann Stamitz.

Beide nahmen als Komposition wie durch die Emotionalität, die blutvolle Frische und Lebendigkeit des auch dynamisch meist angemessen geschmeidigen Spiels - allerdings bei bleibender Oboendominanz - und immer wieder auch durch einen guten Schuss Virtuosität für sich ein, die bei Stamitz noch ein wenig steigerungsfähig erschien. Als drittes Stück in dieser Besetzung hörte man in dem Oboenquartett op. 38 von Hermann Schroeder ein bedeutsames Werk des 20. Jahrhunderts, das den 1984 im Alter von 80 Jahren verstorbenen, vor allem durch seine bedeutenden Orgel- und Chorwerke - darunter zahlreiche Messen - bekannten, dagegen in seinen gewichtigen sinfonischen Kompositionen zu unrecht nur wenig gespielten Bernkasteler Mosellaner auch als großartigen Kammermusikkomponisten auswies.

Es war musikalisch und spieltechnisch das anspruchsvollste, auch interessanteste Werk des Konzerts, und die vier Musiker machten es in der Expressivität seiner beiden langsamen Sätze wie auch im behenden 2. Satz und in seinem kapriziösen, zum Teil furiosen Fugenfinale zum nachhaltigen Erlebnis. Facettenreich Eine besonders feinsinnige Abwechslung im Klangbild brachten die an dritter Stelle dargebotenen "Six Shakespearian Sketches" für Streichtrio, komponiert von dem im gleichen Jahr wie Schroeder 89-jährig verstorbenen großen Engländer Gordon Jacob: ein phantasievolles und - von den Shakespeare-Textassoziationen sichtlich inspiriert - besonders facettenreiches Kabinettstück der Streicherliteratur.

Mit seiner gemäßigten, stellenweise folkloristisch beeinflussten Modernität eroberte es zumal durch die spritzige, in elegischen Partien aber auch sehr atmosphärische und sensible Interpretation der drei Streicher die Herzen des Publikums offenbar ganz besonders, und so ließ das Trio den Abend nach dem intensiven Schlussbeifall auch zurecht nochmals mit seinem kapriziösen "Clowns-Tanz" als da capo-Zugabe effektvoll ausklingen. ws

(NGZ)
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