Rhein-Kreis Neuss "Karneval ist keine rechtsfreie Zeit"

Neuss · Auch an den jecken Tagen gelten für Chefs und Angestellte Regeln.

Thorsten Schmitter ist Fachanwalt für Arbeitsrecht.

Thorsten Schmitter ist Fachanwalt für Arbeitsrecht.

Foto: Susanne Dobler

Rhein-Kreis In den Tagen des Straßenkarnevals herrscht Ausnahmezustand. Auch in vielen Büros und Betrieben zieht die Narretei ein. Doch wie verträgt sich Feiern mit Arbeitsrecht? Thorsten Schmitter, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Kaarst, beantwortet die wichtigsten Fragen zu den Karnevalstagen.

Darf man im Kostüm zur Arbeit kommen?

Thorsten Schmitter Ob der Arbeitnehmer, der ohne besondere Erlaubnis im Kostüm zur Arbeit erscheint, arbeitsrechtliche Konsequenzen fürchten muss, hängt davon ab, ob er die Arbeitsleistung sowohl intern als auch Kunden gegenüber ohne Beeinträchtigung erbringen kann. Hier ist zum Beispiel bei Einkaufsmärkten ein anderer Maßstab anzusetzen als bei einer Bank oder einem Wirtschaftsprüfungsunternehmen.

Darf dem Chef die Krawatte abgeschnitten werden?

Schmitter Juristen betrachten das Abschneiden der Krawatte in den Karnevalshochburgen an Altweiber als "gerechtfertigte Sachbeschädigung". Eine Möhne, die ihrem Chef Altweiber die Krawatte abschneidet, dürfte keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu befürchten haben. In Essen hat das dortige Amtsgericht einem Vorgesetzten allerdings für dessen abgeschnittene Krawatte Schadensersatz zugesprochen

Kann der Arbeitgeber an den Karnevalstagen "zwangsfrei" geben und den Angestellten Urlaubstage abziehen?

Schmitter Möchte der Arbeitgeber seinen Betrieb an den Karnevalstagen vollständig schließen, ist ihm dies im Rahmen von sogenannten Betriebsferien möglich; die freien Tage gelten dann als Urlaubstage. Der Arbeitgeber muss diese Betriebsferien allerdings rechtzeitig ankündigen, damit die Arbeitnehmer sich darauf einstellen können. Der Arbeitgeber darf jedoch nicht nur für einzelne Tage wie Altweiber oder Veilchendienstag Betriebsferien anordnen, weil an diesem Tag der Betrieb wegen des Umzugs nur schlecht oder gar nicht erreichbar ist oder ohnehin nicht mit Kundschaft und Umsatz gerechnet wird. Das unternehmerische Risiko darf er nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen.

Hat ein aktives Mitglied im Karneval einen Anspruch auf Sonderurlaub?

Schmitter Nein. Möchte ein Arbeitnehmer Karneval nicht zur Arbeit erscheinen, muss er ganz normal Urlaubsgewährung beantragen. Der Urlaub geht dann zu Lasten des Jahres-Urlaubsanspruchs.

Spielt Brauchtum im Arbeitsrecht eine Rolle?

Schmitter Während der fünften Jahreszeit herrscht zwar Ausnahmezustand, aber keine arbeitsrechtsfreie Zeit. Gerichtliche Entscheidungen in Zusammenhang mit Karneval gibt es wenige - es scheint jedoch so zu sein, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer harmonisch miteinander feiern.

STEFAN REINELT STELLTE DIE FRAGEN.

(stef)
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