Für unnachahmlichen Ausdruck Frenetischer Beifall

Von Wilm Kösters Giora Feidmans viel gerühmtes und unnachahmliches Pianissimo schlich sich in das Raunen der Konzertbesucher und eröffnete den von der NGZ präsentierten Abend in der Christuskirche auf die denkbar leiseste Art. Schlichte, diatonische Melodien spielte die Klarinetten- Legende zum Auftakt eines Marathons von "Klezmer bis Klassik".

Von Wilm Kösters Giora Feidmans viel gerühmtes und unnachahmliches Pianissimo schlich sich in das Raunen der Konzertbesucher und eröffnete den von der NGZ präsentierten Abend in der Christuskirche auf die denkbar leiseste Art. Schlichte, diatonische Melodien spielte die Klarinetten- Legende zum Auftakt eines Marathons von "Klezmer bis Klassik".

Schnell wurde deutlich, was schon viele wissen: Feidman beeindruckt nicht mit virtuosen Eskapaden oder Klangexperimenten, sondern mit seinerschon tausendfach beschriebene Fähigkeit, Atmosphäre entstehen zu lassen. Geerdet wurde das Potpourri durch den Organisten Matthias Eisenberg, der auf hohem Niveau Werke von Mendelssohn und Bach spielte und noch als Begleiter für Giora Feidman fungierte.

Eisenberg, der unter anderem den Posten als 1. Organist des Leipziger Gewandhauses bekleidet, beeindruckte mit einem ruhigen, beherrschten "Andante con variazioni D- Dur" von Mendelssohn, gefolgt von Ora Bat Chaims "In the self", das Feidman mit freiem Metrum, hoher Klangkultur und unnachahmlichem Ausdruck spielte. Das Repertoire scheint für Feidman eine recht untergeordnete Rolle zu spielen, nach eigener Aussage interessiert ihn die allgemeine Sprache der Musik, sucht in den verschiedenen Stilen und Epochen nach gemeinsamen Ausdrucksmöglichkeiten.

Persönlicher Klang und Phrasierung machen Feidman unverwechselbar - egal, ob er Scott Joplin oder Bach spielt. Im bekannten und wunderschönen "Jesus bleibet meine Freude" trafen sich Feidman und Eisenberg in der Mitte: Zwar klassisch, doch von solch schlichter, fast naiver Schönheit, dass Epochen und Stile hier nicht mehr interessierten und von "Begleitung" und "Solo" nicht mehr die Rede sein kann. Eisenberg ist zwar eher - und das ist ohne jede Abwertung gemeint - der klassische Musikertypus, der authentisch zurückhaltend soliert oder begleitet, aber hier verschmolz er mit Feidman zu einer Stimme.

Doch auch er überzeugte ebenso als Solist: Seine Version des berühmten "Präludium und Toccata in d- moll" war derart kultiviert, affektfrei und konzentriert, dass man schon von einer Meisterleistung sprechen darf. Sosehr Feidmans Individualismus beeindruckte, so sehr überzeugte Eisenbergs Interpretationskultur.

Auch wenn sich die Abfolge des Programms über den Abend kaum änderte - Feidman widmete sich dem Klezmer und anderen Volksmelodien, Eisenberg der Klassik - baute sich doch kontinuierlich eine Spannung auf, die zum Ende in frenetischem Beifall, bereitwilligem Mitklatschen und Mitsingen gipfelte und das eben noch andächtig lauschende Publikum lauthals nach immer mehr Zugaben fordern ließ. Auch das scheint Feidman-typisch zu sein.

Er drückt das so aus: "Ich warte nicht auf Reaktionen der Zuschauer - die Musik wird uns zusammen bringen durch die Botschaft der Musik." So war es.

(NGZ)
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