Serie von Brandstiftungen im Rhein-Kreis Neuss Feuer an der A57 ist kein Einzelfall

Rhein-Kreis Neuss · Die Täter sind meist in der Nacht unterwegs. Sie zünden Autos, Mülltonnen oder Gartenlauben an und verschwinden in der Regel unerkannt. Die Zahl der Brandstiftungen im Rhein-Kreis Neuss hat sich in 2011 gegenüber dem Vorjahr verdoppelt.

Serie von Brandstiftungen im Rhein-Kreis Neuss: Feuer an der A57 ist kein Einzelfall
Foto: Dieter Staniek

125 Mal schlugen die Feuerteufel im abgelaufenen Jahr im Kreisgebiet zu. 2010 wurden nur 67 Brandstiftungen gezählt. Eine Trendwende ist nicht in Sicht. In 2012 hat es allein bis Mitte März bereits rund 25 neue Fälle gegeben.

Wir haben alle Polizeimeldungen der vergangenen zwölf Monate ausgewertet. Zwischen Mitte März 2011 und Mitte März 2012 gab es rund 120 Fälle von Brandstiftungen im Rhein-Kreis Neuss. Etwa 40 Autos, Motorräder und sogar Lastwagen wurden in diesem Zeitraum angezündet. Genauso oft brannten Müllcontainer, Mülltonnen oder Sperrmüll. Etwa 25 Mal brannten die Täter Gartenlauben, Hallen oder Scheunen nieder. Ein gutes Dutzend mal wurden Strohballen angesteckt.

Die meisten Brandstiftungen mit knapp 40 Fällen wurden in Neuss verübt, dicht dahinter rangiert Grevenbroich mit etwa 35 Brandstiftungen auf Rang zwei. In Dormagen verzeichnete die Polizei etwa 15 gelegte Brände. Auch die kleineren Kommunen im Rhein-Kreis blieben nicht verschont. In Rommerskirchen, Jüchen, Korschenbroich, Kaarst und Meerbusch gab es ebenfalls Brandstiftungen. Dort bewegte sich die Zahl der Fälle jedoch nur im einstelligen Bereich.

Was schlimmstenfalls passieren kann, hat der 14. Februar gezeigt, als unbekannte Täter Kunststoffrohre in Brand gesetzt hatten, die unter einer Autobahnbrücke der A57 bei Dormagen-Nievenheim gelagert waren. Durch die dichte Rauchentwicklung rasten 15 Autos und sechs Lastwagen ineinander. Ein 29-jähriger Mann aus Jüchen überlebte die Massenkarambolage nicht, 13 weitere Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Damit hat die Serie von Brandstiftungen im Rhein-Kreis ihr erstes Todesopfer gefordert. Außerdem entstand durch die Zerstörung der Brücke ein Sachschaden in Millionenhöhe, der Verkehr auf der wichtigen Verkehrsader wird vermutlich über Jahre hinweg nur eingeschränkt fließen können.

Dass der oder die Täter in diesem Fall die Folgen ihrer Brandlegung absehen konnten, halten Experten für unwahrscheinlich. "Wir suchen Schüler oder junge Männer, die durch Schulschwänzen oder Fernbleiben vom Arbeitsplatz aufgefallen sind, die womöglich einen erhöhten Alkoholkonsum an den Tag legen", sagte der zuständige Ermittler Dietmar Wixfort, als er Ende Februar in Nievenheim die Bevölkerung mit Flugblättern informierte. "Wir sind uns sicher, dass wir die Tat bald aufklären werden", gab er sich da noch optimistisch.

Mitte März ist der Täter trotz intensiver Suche und Hilfe durch Spezialisten des Landeskriminalamtes immer noch nicht gefasst worden. Je mehr Zeit verstreicht, desto besser stehen auch seine Chancen unbestraft davonzukommen. Das ist leider bei Brandstiftungen eher die Regel als die Ausnahme. So wurde bei den 125 Fällen im Rhein-Kreis Neuss im Jahr 2011 nur 28 Mal der Täter ermittelt, was einer Aufklärungsquote von nur 22,4 Prozent entspricht. Mehr als drei Viertel der Feuerleger kommen damit ungeschoren davon.

Zur Aufklärung habe die Polizei ein Team von Brandermittlungsspezialisten zusammengestellt, sagte Hans-Werner Winkelmann, Polizeidirektor im Rhein-Kreis Neuss bei der Vorstellung der Kriminalitätsstatistik für das Jahr 2011. "Wir ermitteln offen und verdeckt", verriet er. Die Aufklärungsquote sei deshalb so gering, da es sich bei Brandstiftung um ein "spurenloses Delikt" handele. Fingerabdrücke oder DNA können die Ermittler nach einem Feuer nur selten sicherstellen.

(top/ila)
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