Ausstellung über "Japonismus und Jugendstil" Fernöstliches Geschirr aus Limoges

Ausstellung über "Japonismus und Jugendstil" · Heute kaum zu glauben, aber noch vor 150 Jahren konnte sie eine kleine Revolution in Gang setzen: die Weltausstellung. Zumindest in der Kultur, genauer unter den Keramikkünstlern, denn die seit 1851 in geringen Abständen stattfindenden Weltausstellungen waren es, die europäische Künstler zum ersten Mal in großem Umfang mit japanischer Kunst bekannt machten. Und sogleich zur Nachahmung und Weiterentwicklung der fernöstlichen Motive und Praktiken animierten. In Farbe, Struktur und Motiven das "Patenkind" eines großen japanischen Tellers: eine englische Pilgerflasche von 1872. NGZ-Foto: H. Jazyk

Heute kaum zu glauben, aber noch vor 150 Jahren konnte sie eine kleine Revolution in Gang setzen: die Weltausstellung. Zumindest in der Kultur, genauer unter den Keramikkünstlern, denn die seit 1851 in geringen Abständen stattfindenden Weltausstellungen waren es, die europäische Künstler zum ersten Mal in großem Umfang mit japanischer Kunst bekannt machten. Und sogleich zur Nachahmung und Weiterentwicklung der fernöstlichen Motive und Praktiken animierten. In Farbe, Struktur und Motiven das "Patenkind" eines großen japanischen Tellers: eine englische Pilgerflasche von 1872. NGZ-Foto: H. Jazyk

Bis zu seiner Öffnung zum Westen im Jahr 1854 (durch einen erzwungenen Handelsvertrag mit den USA) hatte Japan seine Grenzen völlig dicht gehalten. Kaum etwas wurde in das Land eingeführt, fast nichts ausgeführt werden - oder es drohte gar die Todesstrafe. Einer Explosion gleich kam der "Japonismus" (ein Wortprägung des französischen Kritikers Philippe Burty 1974) über das europäische Kunsthandwerk, das allenfalls Porzellane im auf europäischen Geschmack zugeschnittenen Kakiemon- und Imari-Stil aus der Zeit der ersten Japanmode im 17./18. Jahrhundert kannte: Jetzt gab es das rein japanischen Verhältnissen und Geschmack geschuldete Nabeshima- und Hirado-Porzellan und Kutani-Ware zu sehen.

Vasen, Schalen, Geschirr und Figuren, die einen enormen Einfluss auf die Kunst Europas hatte - wie jetzt überaus anschaulich im Kreismuseum Zons nachzuhalten ist. "Japonismus und Jugenstil" heißt die Ausstellung, die rund 230 Objekte aus der über 700 Exponate umfassenden Sammlung "Bambus & Fächer" des Ehepaars Wilhelm und Hildegard Preker zeigt, und so sinn- wie augenfällig deutlich macht, wie Blumendekore, Tiermotive, aber auch Formen und Herstellungspraktiken aus Fernost zwar generell, aber doch in spezieller Landestradition Eingang in französisches, englisches und deutsches Kunsthandwerk fanden.

"Schön und anstrengend" charakterisiert Museumschefin Helene Blum-Spicker die von ihr betreute Schau - Recht hat sie, denn bei allem Staunen über die und dem Genuss an den umfangreichen Exponate sind Erklärungen vonnöten, um zu erkennen, welche Stücke aus Japan, welche vielleicht aus Worcester oder Limoges stammen. Irgendwie sieht auf den ersten Blick alles japanisch aus, aber ist das nicht auch der stärkste Beweis für die Einflussnahme der fernöstlichen Kunst? Wer also über das bloße Schauen hinausgehen, stattdessen sein Wissen erweitern will, sollte vor allem die Beschriftungen lesen, noch besser aber eine Führung bei Helene Blum-Spicker mitmachen, die wiederum zum Staunen viele Einzelheiten zu erzählen weiß.

Zum Beispiel über die Entstehung der Keramik-Tierfiguren: Auch eine Übernahme aus Japan, wo sogar die Henkel der Kannen Drachen oder Fische sein können. Umgekehrt wiederum haben die Japaner Menschenfiguren von den Europäern übernommen. Deren in rot-blau glasierte Vorstellungen von einem Japaner in Kimono führte in Japan zu kleinen Skulpturen von Tänzern. Japanische Motive wie Margariten wurden für Limoges-Porzellan übernommen, Überlauf-Glasuren von Künstlern wie Adrien Dalpayrat perfektioniert.

Schlossstraße, bis 7. November. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog "Bambus & Fächer", Band 6, 15 Euro. Helga Bittner

(NGZ)
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