Rhein-Kreis Neuss Faire Produkte werden immer beliebter

Rhein-Kreis Neuss · Im Rhein-Kreis gibt es Lebensmittel, Kleidung und Schmuck mit dem Siegel. Einkaufsführer bieten Hilfe.

Eine Familienfeier brachte den Umbruch. "Wir diskutierten, was jeder für die Umwelt tun kann", erzählt Bea Hömberg. Zu Hause sei ihr dann bewusst geworden, dass auch sie Möglichkeiten habe — indem sie für ihr Kaarster Damenmodegeschäft "Kolibri", das sie seit 25 Jahren hat, vermehrt Kleidung aus fairem Handel kauft. "Etwa 2008 habe ich damit angefangen", sagt die 50-Jährige. "Erst waren es nur ein, zwei Firmen. Heute führe ich fast nur noch Sachen, die das Siegel ,Fairtrade' oder ,Global Organic Textile Standard' (GOTS) haben." Nur eine Hosenmarke und die Strümpfe seien noch nicht zertifiziert. Mit rund 30 Euro für Shirts gebe es durchaus erschwingliche Sachen. Strickjacken von der Schwäbischen Alp kosteten ab etwa 130 Euro. "Insgesamt sind meine Kollektionen jetzt etwas jünger. Und es macht Spaß, mit den kleinen Designer-Firmen zusammenzuarbeiten."

Fair gehandelte Produkte finden immer größeren Absatz, auch jetzt als Weihnachtsgeschenke, stellt Gisela Welbers, Regionalkoordinatorin bei der Neusser Eine-Welt-Initiative (Newi), fest. Der faire Handel unterstützt Produzenten, insbesondere benachteiligte kleinbäuerliche Familien in den Entwicklungsländern, um ihnen eine menschenwürdige Existenz aus eigener Kraft zu ermöglichen.

"Besonders gut gehen Weine, die es mittlerweile nicht nur in Eine-Welt-Läden gibt, sondern zum Beispiel auch bei Netto, Lidl, Real und Metro." Kaffee, Tee und Schokolade seien ebenfalls sehr beliebt. "Die fair gehandelten Schokoladennikoläuse waren im Rhein-Kreis Neuss restlos ausverkauft", berichtet Welbers. Nun gebe es fair gehandelte Weihnachtsmänner in Bischofsform.

Auch Schmuck, der den Herstellern einen angemessenen Lebensunterhalt sichere, werde gern gekauft. "Beim Neusser Kaufhof gibt es außerdem Frotteetücher aus fairem Handel, so dass man damit zu Weihnachten einen fairen Präsentekorb zusammenstellen könnte."

Bei Spielsachen gebe es noch kein "Fair Trade"-Siegel, sagt Welbers. 80 Prozent der weltweit gehandelten Spielwaren komme aus China. "Die ,Werkstatt Ökonomie' hat aber eine Liste erstellt, auf der ersichtlich ist, welche Hersteller sich unter dem Label ,Fair spielt' mit Partnern in Asien und Europa für die Beachtung der Menschenrechte und grundlegender Arbeitsnormen in der Spielzeugindustrie einsetzen." Die Liste ist im Internet unter www.woek.de zu finden ("Fair spielt" und dann "Hintergrund" und "Firmenübersichten"). Wichtig sei hier die Rubrik "Transparenz". Dies zeige, ob Unternehmen ihre Angaben auch belegt haben. Die Stadt Neuss hat 1991 mit dem Einsatz fair gehandelter Produkte begonnen. Zunächst war es Kaffee, nach und nach kamen faire Süßigkeiten, Trikots und Bälle hinzu. 2001 wurde Neuss von der Organisation "Transfair" als "Hauptstadt des fairen Handels" ausgezeichnet. 2004 investierte Neuss als erste deutsche Stadt bei "Oikocredit", einer kirchlichen Bank, die armen Menschen in Entwicklungsländern Kleinkredite gewährt. Im Juni 2009 wurde die Stadt als erste "Fairtrade-Stadt" in NRW und zweite im Bundesgebiet ausgezeichnet. Das Vorbild der Stadt zeigt Wirkung. "Mittlerweile sind alle großen Neusser Unternehmen der sogenannten ,Business Social Compliance Initiative', kurz: BSCI, beigetreten", berichtet Dagmar Vogt-Sädler vom Umweltamt. Die teilnehmenden Firmen verpflichteten sich, sozial vertretbare Löhne zu zahlen. "Wer bei diesen Unternehmen kauft, kann davon ausgehen, dass die Zulieferer die Kriterien von BSCI einhalten", sagt Vogt-Sädler.

Der Rhein-Kreis Neuss hat zudem einen Einkaufsführer zu fair gehandelten Produkten zusammengestellt. Er ist im Internet abrufbar unter: fair-im-rhein-kreis-neuss.de/einkaufsfuehrer

(NGZ)
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