NGZ-Gespräch Die Spaßmacher

Jeder ihrer Auftritte ist ein Unikat. Vor zwanzig Jahren feierten sie Premiere. Seither traten sie nur zehn Mal auf - und sind doch die Superstars unter den Akteuren beim "Nüsser Ovend". Das war auch am Samstag so. "Regel Nummer 1" weist dem ABC-Trio den Weg zum Erfolg: Alles darf gedacht und vorgeschlagen werden!

 Wer dem ABC-Trio begegnet, muss auf der Hut sein. Nichts und niemand ist zur Ovend-Zeit vor ihren Späßen sicher — und das Publikum dankt’s mit Ovationen. Von oben nach unten: Karlheinz Ackermann, Cornel Hüsch und Dr. Hermann-Josef Baaken.

Wer dem ABC-Trio begegnet, muss auf der Hut sein. Nichts und niemand ist zur Ovend-Zeit vor ihren Späßen sicher — und das Publikum dankt’s mit Ovationen. Von oben nach unten: Karlheinz Ackermann, Cornel Hüsch und Dr. Hermann-Josef Baaken.

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Als "Die drei Wellenreiter" feierten sie vor 20 Jahren umjubelte Premiere, heute sind sie die ungekrönten Könige des Ovends. Spätestens ab Schützenfest bewegt die Neusser die Frage: "Treten die drei auf?" Automatismus ist ihre Sache nicht. Sie legen Pausen ein und beherrschen das Spiel mit den knappen Ressourcen. Steht dann das ABC-Trio im Programm, spekuliert der Neusser, wen die drei wohl durch den Kakao ziehen werden - oder, noch viel schlimmer: Welchen Prominenten sie dadurch strafen, dass sie seinen Namen nicht nennen. Karlheinz "Acki" Ackermann (51), Dr. Hermann-Josef Baaken (48) und Cornel Hüsch (46) legen Pausen ein, entscheiden Jahr für Jahr aufs Neue, ob sie in die Bütt gehen. Stehen sie dann auf der Ovend-Bühne, legen sie immer ein Unikat hin. Es gibt keine öffentliche Probe, es folgt keine zweite Auflage.

 Nach getaner Arbeit: Mit der Deutschland-Fahne in der Hand ziehen die „3 irren Ärzte“ aus der Stadthalle aus. Da hatten sie 52 Minuten auf der Ovend-Bühne gestanden.

Nach getaner Arbeit: Mit der Deutschland-Fahne in der Hand ziehen die „3 irren Ärzte“ aus der Stadthalle aus. Da hatten sie 52 Minuten auf der Ovend-Bühne gestanden.

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Guten Tag, die Herren! Sie waren die Stars des 81. "Nüsser Ovends" . . .

 Als Anden-Musiker gaben ABC ein Ständchen für den Kolumbien-Vielfahrer Patt.

Als Anden-Musiker gaben ABC ein Ständchen für den Kolumbien-Vielfahrer Patt.

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Hermann-Josef Baaken Einspruch Euer Ehren: Wir sind keine Stars und wollen auch keine sein. Unser Ansinnen ist es, einen Beitrag für einen schönen Abend zu leisten und dabei auch selbst Freude zu empfinden.

 Auf der Bühne geben sie Gas; v. l.: Cornel Hüsch, Dr. Hermann-Josef Baaken und Karlheinz Ackermann perfektionieren ihre Auftritte beim „Nüsser Ovend“ immer mehr. Performance nennen sie das. Wie auch immer: Sie produzieren auf der Bühne einprägsame Bilder — so auch 2006.

Auf der Bühne geben sie Gas; v. l.: Cornel Hüsch, Dr. Hermann-Josef Baaken und Karlheinz Ackermann perfektionieren ihre Auftritte beim „Nüsser Ovend“ immer mehr. Performance nennen sie das. Wie auch immer: Sie produzieren auf der Bühne einprägsame Bilder — so auch 2006.

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Dann formuliere ich die Frage anders. Haben Sie die Woge des Ovend-Erfolges verlassen und sind wieder im Alltag angekommen?

Karlheinz Ackermann Wir genießen es, auf einer Stimmungswoge des Publikums zu schwimmen. Dieses Gefühl trägt einen allerdings auch für einige Zeit in den Alltag hinein.

Auf der Bühne haben Sie sich am Samstag 52 Minuten lang von der Woge der Begeisterung tragen lassen. War das nicht ein bisschen lang?

Ackermann Vor allem war es nicht beabsichtigt. Wir wussten, dass die eingeplanten 35 Minuten nicht reichen würden. Das haben wir gegenüber der BKG auch kommuniziert. Aber Spontanität und Live-Atmosphäre mit Lachern und Beifall haben unsere Nummer gestreckt. Da steckt man einfach nicht drin.

Cornel Hüsch Komik bedeutet Timing. Das kann man proben, aber beim Auftritt ist dann doch alles anders. Für uns ist das genauso spannend wie fürs Publikum, weil wir immer nur einmal auftreten. Wer uns sieht, der erlebt das Original.

Auch wenn Sie keine Stars sein wollen. Das ABC-Trio ist eine Marke des "Nüsser Ovends". Gibt es so etwas wie Neid?

Hüsch Neid habe ich bisher nicht gespürt.

Ackermann Ich spüre, dass mit unseren Auftritten hohe Erwartungen verbunden sind. Wir sind schon einem gehörigen Druck ausgesetzt.

Baaken Im Laufe der Jahre haben wir gelernt und haben uns gesteigert. Dazu muss man Erfahrung sammeln. Wir dürfen jetzt nicht das Maß aller Dinge für Neusser Neueinsteiger auf der Ovend-Bühne sein.

Sie investieren viel Zeit und eine Menge Ideen für einen einzigen Auftritt. Lohnt die ganze Arbeit?

Hüsch Seit Mitte Oktober haben wir an 28 Vorbereitungsabenden zusammengesessen. Oft bis tief in die Nacht hinein.

Baaken Natürlich lohnt die Mühe, sonst würden wir es nicht machen. Das Publikum ist für Lokalkolorit dankbar und honoriert die gute Leistung auf der Bühne.

Ackermann Für uns besitzt die Vorbereitung einen eigenen Wert. Wir sind ein eingespieltes Team, zu dem auch unsere Frauen gehören, die zugleich unsere schärfsten Kritiker sind.

Sie erhalten - wie alle anderen Neusser Eigengewächse beim Ovend auch - kein Honorar. Müssen Sie für Requisiten oder andere Anschaffungen auch noch Geld mitbringen?

Baaken Bei den Proben werden diverse Flaschen Wein geleert. Das geht schon ins Geld.

Hüsch Requisiten leihen wir oder wir kaufen sie auch selbst. Die sind zum Glück sehr preiswert. In Neuss gibt's ja ausreichend Ein-Euro-Läden.

Wer entscheidet, welche Pointe letztlich gebracht wird?

Baaken Regel Nummer 1: Alles darf gedacht und vorgeschlagen werden.

Hüsch Wir sprechen und singen aber nur Texte, hinter denen wir auch alle drei inhaltlich stehen.

Ackermann Regel Nummer 2: Auch der, der durch den Kakao gezogen wird, muss über die Pointe lachen können.

Hat Stefan Pfitzer über die Faultier-Passage wirklich lachen können?

Ackermann Nun, wenn ich ehrlich bin, muss ich zugeben: Er hat noch nicht angerufen und sich bedankt.

Hüsch Wir formulieren doch völlig überspitzt. Das muss einer, der prominent ist, auch aushalten. Außerdem: Wir singen keinen aus, sondern wir singen alle doch nur an.

Baaken Wir meinen das doch gar nicht so!

Es soll prominente Neusser geben, die den "Nüsser Ovend" meiden, weil sie nicht zum Spott der Rekelredner werden wollen.

Hüsch Es gibt in der Tat im Vorfeld ängstliche Anfragen . . .

Baaken . . .ob wir auch nicht vergessen, den Fragesteller zu erwähnen.

Ackermann Eine Zensur findet nicht statt. Wir müssen niemandem Rede und Antwort stehen. Das ist ein mutiges Prinzip. Wir werden jedenfalls das Vertrauen der gastgebenden Heimatfreunde nicht missbrauchen.

Wie finden Sie Ihre Textideen?

Ackermann Manches Mal haben wir eine Melodie und suchen dafür einen Text. Dann haben wir wieder einen Text, zu dem wir eine passende Melodie suchen. Ideal ist es, wenn einer von uns ein Fragment mitbringt, in dem Text und Melodie schon harmonisieren.

Wo finden Sie die Anregungen für Ihre Texte und Pointen?

Baaken Die NGZ ist unsere Pflichtlektüre.

Hüsch Das Publikum ist gut vorbereitet, weil es auch die NGZ liest. Es ist hungrig zu erfahren, wie wir die Neusser Dinge sehen.

Cornel Hüsch war CDU-Parteichef, Dr. Baaken war CDU-Ratsherr. Karlheinz Ackermann ist Schützenlust-Hauptmann. Sie sind doch selbst - die 68er würden sagen - Teil des Establishments. Wie geht das mit Karneval überhaupt zusammen?

Hüsch Wir veräppeln uns doch selbst. Karlheinz war am Samstag der Facharzt für Schützophrenie. Ich war Facharzt für Nappologie und Pattologie. Wir lachen über uns selbst.

Ackermann Auf der Bühne wahren wir Distanz zu den Dingen, weil wir in Rollen schlüpfen. Wir kamen als Wellenreiter oder Politessen. Am Samstag waren wir die "Drei irren Ärzte". Durch das Rollenspiel versetzen wir uns in eine Art Vogelperspektive, aus der wir das lokale Geschehen kommentieren.

Trotzdem klammern Sie Themen aus. Warum haben Sie nicht übers Marianum oder das Stadion gesungen?

Hüsch Wie gesagt: Themen und Pointen müssen von uns dreien getragen werden . . .

Was ist mit den unveröffentlichten Texten? Gibt's die?

Hüsch In einem so genannten Giftschrank schlummern Lieder, die nie gesungen wurden.

Baaken Aber es ist ein gutes Gefühl, dass wir den Giftschrank jederzeit öffnen könnten . . .

Um einen Saal mit tausend feierwilligen Besuchern in den Bann zu ziehen, muss man auf der Bühne vereinfachen. Wie groß ist die Gefahr, nur noch platt zu sein?

Hüsch Ins Platte dürfen wir nicht abrutschen. Wir wollen albern sein, weil die Menschen über einen albernen Scherz lachen können.

Baaken Albern zu sein und nicht ins Platte abzugleiten, ist schwierig. Auf jeden Fall ist es leichter, ernsthaft zu formulieren, als die Menschen mit Niveau zum Lachen zu bringen.

Also gibt's beim ABC-Trio keine zweideutigen Witze?

Baaken Da bleiben wir sauber.

Hüsch Wir widersetzen uns dem Trend, dass die Witze immer derber werden müssen.

Wie ist die Aufgabenverteilung innerhalb des Trios?

Hüsch Hermann-Josef ist unsere Rampensau.

Baaken Selber Rampensau. Ohne Acki wären wir nichts. Er ist unser Rhythmus.

Hüsch Ohne Hermann-Josef wären wir nichts. Er trifft als einziger von uns auch die hohen Töne.

Baaken Kein Wunder. Ich habe ja auch im Kirchenchor gesungen. Da gehe ich jetzt nicht mehr hin. Der Chorleiter hat mein Talent nicht erkannt.

Hüsch Schon wieder einer, der Dein Talent nicht erkennt!

Hat sich das ABC-Trio in den zwanzig Jahren seit dem Premierenauftritt verändert? Welche Entwicklung hat es gegeben?

Hüsch Wir sind mutiger geworden.

Ackermann Immer noch prägen freche Texte zu eingängigen Melodien unsere Auftritte, die aber mehr und mehr eine Performance werden. So entstehen Bilder, wenn wir Geschichten über die Leber des Bürgermeisters auch auf einem Flipchart erzählen oder sich einer von uns als Schützenkönig auf die Behandlungscouch legt.

Ist das ABC-Trio im nächsten Jahr beim Ovend wieder dabei?

Ackermann Das wissen wir jetzt doch noch nicht.

Kokett wie gelernte Diven . . .

Hüsch Überhaupt nicht. Wir fühlen uns nur zu nichts verpflichtet.

Ackermann Wenn wir Zeit und Lust haben, treten wir auch wieder an.

Baaken Richtig. Es gibt auch keinen Grund, "nie mehr" zu sagen.

Kommt der Ovend ohne ABC aus?

Baaken Wenn Amateure am Werk sind, dann wird es immer Schwankungen geben. Aber der "Nüsser Ovend" hat acht Jahrzehnte auch in den Jahren ohne uns gut überstanden, und er wird auch weiter vielen viel Freude bereiten.

Ackermann Immer mehr Besucher lassen sich auch wirklich auf den Ovend ein. Wer am Samstag nicht verkleidet war, der fiel auf! Wann hat es das je gegeben? Der Saal will mitmachen. Das ist eine große Chance.

Hüsch Da Karneval in Neuss die Fortsetzung des Schützenfestes mit anderen Mitteln ist, mache ich mir keine Sorgen um den Ovend.

Eine Anmerkung zum jungen Elferrat?

Hüsch Die Neusser Wortkünstler haben es verdient, wenn sie in der ersten Programm-Hälfte auftreten dürfen. Dann ist das Publikum aufnahmefähiger. Sabine Leuker und Heinz Gilges, die sich beide genau wie wir viel Arbeit gemacht haben, gingen etwas unter, weil sie erst zur späten Stunde auf der Bühne standen. Der Prologius macht den guten Auftakt.

Aber der Generationswechsel im Elferrat der BKG ist doch gelungen.

Baaken Christian Henke macht als BKG-Präsident einen erstklassigen Job. Aber wie jeder Präsident steht und fällt er mit seiner Mannschaft. Die muss ihn tragen. Der Elferrat muss aus Persönlichkeiten zusammengesetzt sein, die auch im gesellschaftlichen Leben der Stadt Neuss eine Rolle spielen. Da scheint mir die BKG auf gutem Weg.

Gibt's noch einen frommen Wunsch?

Hüsch Die BKG der Heimatfreunde verdient einen Sitzungspräsidenten, der das ganze Jahr das Präsidentenamt lebt.

Abteilung Wünsche. Gehört zur Neusser Spielart des Karnevals nicht auch längst der Stunk?

Baaken Eine Superschau. Wir haben uns alle drei köstlich amüsiert.

Hüsch Mir hat der Wortwitz gefallen. Ich habe beim Stunk Nummern gesehen, die könnten 1:1 auf die Ovend-Bühne transferiert werden. Der Neusser Stunk ist bärenstark.

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