"Von den Besten profitieren" Die Sehnsucht nach Werten

"Von den Besten profitieren" · Was sind Werte? Wie entstehen sie? Wofür sind sie da? Mit diesen Fragen beschäftigte sich der Journalist und ehemalige Tagesthemen-Moderator Ulrich Wickert. "Gauner muss man Gauner nennen" lautete der Titel seines Vortrags im Rahmen der Reihe "Von den Besten profitieren".

 Warf kurz vor seinem Vortrag einen Blick in die NGZ: Ex-Tagesthemen-Moderator Ulrich Wickert. Zeugen waren (v.l.) Andree Hack von der IHK, Ian Breidenbach, Verkaufsleiter NGZ, und Stephan Meiser, Sparkasse Neuss.

Warf kurz vor seinem Vortrag einen Blick in die NGZ: Ex-Tagesthemen-Moderator Ulrich Wickert. Zeugen waren (v.l.) Andree Hack von der IHK, Ian Breidenbach, Verkaufsleiter NGZ, und Stephan Meiser, Sparkasse Neuss.

Foto: woi

Rhein-Kreis Neuss Ulrich Wickert steht für Klartext. "Auch unangenehme Wörter müssen ausgesprochen werden", sagt der Journalist und Autor. Und er erklärt sofort, was er damit meint. "Als Moderator der Tagesthemen habe ich nie von Sanktionen gesprochen, sondern von Strafmaßnahmen, nie vom Holocaust, sondern von der Vernichtung der Juden." Denn: Wenn wir das Unangenehme nicht mehr sagen, dann sehen wir es irgendwann nicht", ist sich Wickert sicher. Wer also einen Gauner erwischt, sollte ihn auch so nennen. Doch wer ist das — ein Gauner? Keiner, dem der Staatsanwalt im Nacken sitzt, aber jemand, der sich an Werte, die eine Gemeinschaft aufgestellt hat, nicht hält — und ihr so Schaden zufügen kann.

Wickert spricht von ethischen Werten. Deren Basis, so der 67-Jährige, sei die Menschenwürde. Eine freie Gemeinschaft stellt diese Werte auf, weil sie meint, das Zusammenleben so besser regeln zu können. Um die Werte akzeptieren zu können, müsse der Einzelne aber unbedingt die Gemeinschaft akzeptieren.

Keine leicht Kost, die Wickert den knapp 400 Zuhörern im S-Forum der Neusser Sparkasse bot. Zum vorerst letzten Vortrag der Veranstaltungsreihe "Standort Niederrhein — Von den Besten profitieren" hatten die Neuß-Grevenbroicher Zeitung, die IHK Mittlerer Niederrhein sowie die Neusser Sparkasse eingeladen. Deren Kommunikationsdirektor, Stephan Meiser, begrüßte den prominenten Gast, erwähnte unter anderem dessen Korrespondententätigkeit in Paris, Washington und New York und schließlich auch seine vielfältige Referententätigkeit, die ihn nun auch nach Neuss geführt hatte.

Wickert forderte jeden einzelnen auf, beim Treffen von Entscheidungen auch daran zu denken, was das für andere bedeute. "Um das zu tun, muss man weder Held noch Heiliger sein", sprach er. Doch nicht nur jeder Einzelne wurde ins Visier genommen. Wickert appellierte auch an die Wirtschafts- und Finanzwelt, ethisch zu handeln und stellte die Frage: "Muss ein Unternehmen eine Rendite von 25 Prozent machen, wenn es dafür seinen Standort in Deutschland schließt, um in Asien für einen Bruchteil des Kosten zu produzieren?"

Grundlage der ethischen Werte sei die Einsicht. Vermittelt werden müssen diese Werte übrigens in der Familie. Werte wie Ordnung, Pünktlichkeit beispielsweise, die zu den bürgerlichen Tugenden gehören, können auch in der Schule gelehrt und gelebt werden.

Unangenehmes aussprechen, Klartext reden, bei Entscheidungen auch an die Auswirkungen auf andere denken — Ulrich Wickert gab den Zuhörern einige Anstöße zum Nachdenken. Und er entließ sie mit einem Spruch, den viele 15 Jahre gehört hatten, nämlich am Ende der Tagesthemen: "Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Abend und eine geruhsame Nacht."

(RP)
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