Rhein-Kreis Neuss Denkmalschutz als Kostentreiber

Rhein-Kreis Neuss · Die St. Konrad-Gemeinde baut ein neues Gemeindezentrum. Die Auflagen sind hoch. Denn vor 2000 Jahren waren die Römer dort.

 Links neben der St.-Konrad-Kirche und im Schatten ihres frei stehenden Turmes entsteht ein Komplex, der wie ein kleines Dorf wirkt.

Links neben der St.-Konrad-Kirche und im Schatten ihres frei stehenden Turmes entsteht ein Komplex, der wie ein kleines Dorf wirkt.

Foto: Architektenbüro Böhm

Große Bauprojekte wie der Hauptstadtflughafen oder die Kölner Oper treten auf der Stelle. Frank Lautwein wundert das nicht mehr. Der Verwaltungsleiter des Kirchengemeindeverbandes "Rund um die Erftmündung" in Neuss hat sein eigenes Großprojekt - und eine Sorge. Wird das neue Pfarrzentrum St. Konrad in Gnadental nicht bis Ende 2018 fertig, droht für den darin integrierten Kindergarten der Verlust der Landesfördermittel. Und das sind 25.000 Euro je Kita-Platz. Ein Grund für immer neue Verzögerungen: Bürokratie. Ein anderer: der Denkmalschutz. Denn die Kirche baut, wo römische Legionäre schon vor mehr als 2000 Jahren ein festes Lager hatten.

Auf eine Gesamtbausumme von 3,8 Millionen Euro hat der Kirchenvorstand das Projekt beziffert, mit dem Kita, Pfarrsaal, Bücherei und Kontaktbüro in einem Komplex zusammengeführt werden sollen. Gut zehn Prozent der Kosten entstünden durch Denkmalschutzauflagen, sagt Norbert Reuber. Über einige kann sich der geschäftsführende Vorsitzende des Kirchenvorstandes nur wundern. Zum Beispiel, dass der alte Pfarrsaal, der für den Neubau abgerissen wurde, unterkellert war, für den Neubau der geschichtsträchtige Boden nicht einmal aufgegraben werden darf. Er wird auf vor Ort gegossenen Betonpfeilern stehen, deren neun Meter tiefe Löcher eine Spezialmaschine nicht bohrt - sondern presst. "Ohne Aushub, damit alles im Boden bleibt und nichts zerstört wird", sagt Reuber. "Durch das Baufeld hat auch ganz offensichtlich in römischer Zeit eine Straße geführt", sagt Stadtpressesprecher Michael Kloppenburg zur Erklärung.

Seit 2012 beschäftigt sich die Gemeinde mit der Frage, wie sie ihre Liegenschaften zukunftsfit machen kann. Ein Architektenwettbewerb wurde ausgelobt, den der Kölner Architekt Paul Böhm, Sohn des Erbauers der angrenzenden St. Konrad-Kirche, gewann. Nach seinen Plänen wird jetzt rund um die Kirche ein Gebäudeensemble entstehen, das wie ein kleines Dorf wirken wird - mit kleinen Häusern für jede der drei Kita-Gruppen, einem für Kita-Verwaltung, Gemeindebücherei und Kontaktbüro und einem großen mit Pfarr- und Multifunktionssaal sowie Versammlungsräumen. Bezahlt wird das aus Kirchensteuermitteln und dem Erlös aus dem Verkauf eines 3000 Quadratmeter großen Grundstückes, auf dem noch die alte Kita, die Hausmeisterwohnung und das ehemalige Jugendheim stehen. Auf ihr sollen Wohnungen entstehen. Das Wie beschäftigt schon einige Planungsbüros, sagt Reuber.

Anfang 2016 sollte gebaut werden, aber erst jetzt geht es los. "Drei Monate haben wir auf den Kampfmittelräumdienst gewartet, drei auf die Spezialmaschine", zählt Reuber einige Probleme auf, die das Vorhaben immer wieder verzögerten.

Mit dem Neubau verbindet die Gemeinde auch einige ökologische Aspekte: Zentralheizung für den Gesamtkomplex, Wärmepumpe - und eine Rigole für die Regenwasserversickerung. Die war nur genehmigungsfähig, weil sie im Bereich des alten Pfarrsaalkellers verortet wird. Denn der bleibt im Boden - aus Denkmalschutzgründen.

(-nau)
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