Tourismus-Unternehmen im Rhein-Kreis Neuss Reisebranche kämpft gegen die Krise

Rhein-Kreis · Auch wenn der Tourismus wieder hochgefahren werden soll, hält die Krise in der Reisebranche weiter an. Reiseveranstalter und Busunternehmer haken 2020 praktisch ab. Es bleibt die Hoffnung auf das nächste Jahr.

 Ludwig Sarlette ist seit mehr als 30 Jahren im Reisegeschäft tätig und organisiert individuelle und exklusive Gruppenreisen. Mit Spannung erwartet er die für Dienstag angekündigte Entscheidung der Bundesregierung zum Konjunkturpaket.

Ludwig Sarlette ist seit mehr als 30 Jahren im Reisegeschäft tätig und organisiert individuelle und exklusive Gruppenreisen. Mit Spannung erwartet er die für Dienstag angekündigte Entscheidung der Bundesregierung zum Konjunkturpaket.

Foto: Andreas Woitschützke

Die Passionsspiele in Oberammergau, die Festspiele in Bregenz und eine 45-tägige Weltreise – das ist nur ein Ausschnitt jener Reisen, die Ludwig Sarlette wegen der Corona-Pandemie streichen musste. „Alles abgesagt“, sagt der Reiseveranstalter aus Neuss. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie besteht sein Alltag vor allem aus Stornierungen, Rückabwicklungen, Gesprächen mit Kunden sowie Bus- und Flugunternehmen, Hotels und anderen Partnern aus der Branche. Seit mehr als 30 Jahren ist Sarlette im Geschäft und organisiert exklusive Reisen. „Was wir jetzt durchmachen, ist die schwierigste Zeit, die ich dabei erlebt habe“, sagt er.

Der Unternehmer hat Verständnis für die Corona-Schutzmaßnahmen. Die Gesundheit steht für ihn an erster Stelle. Aber es fehle an der Möglichkeit, verlässliche Planungen für die Zukunft aufnehmen zu können. Dabei stelle die Reiseveranstalter auch der „Flickenteppich“ an Corona-Erlässen vor Herausforderungen. „Jedes Land, jeder Kreis, jede Stadt hat ihre eigenen Anordnungen und Vorgehensweisen“, sagt er. Das bedeute einen kaum stemmbaren organisatorischen Aufwand. „Zumal Busreisen zum Beispiel momentan wirtschaftlich eigentlich gar nicht darstellbar sind.“

Das bestätigt Wolfgang Schröder. Der Unternehmer aus Neuss ist in dritter Generation im Mietomnibusgeschäft tätig. Er hat 13 Fahrzeuge – sieben Reisebusse, vier Linienfahrzeuge, die im Schulbusbetrieb zum Beispiel für Schwimmbadfahrten eingesetzt werden, und zwei Fahrzeuge mit 16 Sitzen für kleinere Gruppen. „Reisen finden nicht statt, Schulfahrten sind ausgesetzt, Schulausflüge abgesagt und Messen gibt es in diesem Jahr auch nicht“, sagt Schröder. „Seit März ist unser komplettes Geschäft weggebrochen, Buchungen kommen praktisch nicht rein.“ Zwar habe er staatliche Soforthilfe erhalten, aber die habe lediglich für einen Monat gereicht. Seine Mitarbeiter sind in Kurzarbeit, aber die Kosten für die Fahrzeuge laufen weiter. „Da braucht unsere Branche dringend staatliche Hilfe, die nicht zurückgezahlt werden muss“, sagt er. Kredite würden nicht helfen. Busse seien schließlich in der Anschaffung teuer und würden bereits entsprechend finanziert. „Und die Einnahmen für dieses Jahr sind uns ja nahezu komplett weggebrochen“, sagt Schröder. Ähnlich hatte kürzlich der Domaganer Busunternehmer Turgay Afan argumentiert.

Das Reise-Jahr 2020 hat Wolfgang Schröder im Grunde schon abgehakt. Da ändern auch die Corona-Lockerungen nichts. Laut NRW-Plan dürfen Reisebusse unter strengen Auflagen zwar wieder fahren. Aber das sei mehr etwas für das Papier. In der Praxis sei das alles kaum umsetzbar. „Entweder reduziert sich die Zahl der Reisenden im Bus wegen der Abstandsregeln von 50 auf 16 bis 18. Aber dann würden die Preise enorm nach oben gehen“, erklärt Schröder. „Oder Fahrgäste müssten für die gesamte Reise im Bus einen Mund-Nase-Schutz tragen. So will aber keiner verreisen.“

Hinzu komme der Flickenteppich an Regelungen in Deutschland. Bei einer Reise an Nord- oder Ostsee müsse der Bus zum Beispiel durch mehrere Bundesländer. „Was in NRW an Corona-Regeln gilt, ist aber schon in Hessen nicht unbedingt der Fall“, sagt Schröder. Er müsse sich also durch zahlreiche Länder-Regeln wälzen und schauen, was wo und wie erlaubt ist. So lobenswert der Föderalismus sei: „Als Unternehmer brauchen wir einheitliche Regelungen“, sagt Schröder.

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