Das Kreismuseum Zons zeigt "Osmanische Blütenträume" Bunte Tücher erzählen Geschichten

Das Kreismuseum Zons zeigt "Osmanische Blütenträume" · Sticken - das gehört schon längst nicht mehr zu den Tätigkeiten, mit denen Mädchen ihre Freizeit verbringen. Wer während eines Spazierganges durch Zons einen Blick in das dortige Museum macht, kann sich selbst davon überzeugen, was wir durch diese Entwicklung verpassen: den Anblick feiner und schmuckhaft bestickter Leinentücher. Im Kreismuseum Zons werden zurzeit "Orientalische Blütenträume" gezeigt, so wie diese Serviette aus dem 18./19. Jahundert aus Seide mit Silberfäden. NGZ-Foto: H. Jazyk

Sticken - das gehört schon längst nicht mehr zu den Tätigkeiten, mit denen Mädchen ihre Freizeit verbringen. Wer während eines Spazierganges durch Zons einen Blick in das dortige Museum macht, kann sich selbst davon überzeugen, was wir durch diese Entwicklung verpassen: den Anblick feiner und schmuckhaft bestickter Leinentücher. Im Kreismuseum Zons werden zurzeit "Orientalische Blütenträume" gezeigt, so wie diese Serviette aus dem 18./19. Jahundert aus Seide mit Silberfäden. NGZ-Foto: H. Jazyk

Eine 120 Objekte umfassende private Sammlung hat Museumschefin Helene Blum-Spicker für ihr Haus gewinnen können, so dass die Besucher bis Anfang November in "Osmanischen Blütenträumen" schwelgen können. Die farbenfrohen, oft symmetrisch und sehr detailliert bestickten Tücher aus dem 17. bis 20. Jahrhundert wirken lebendig und spannend, weil sie mit Geschichten verbunden sind: Es handelt sich um Stücke, die türkische Mädchen ab ihrem neunten Lebensjahr für die eigene Aussteuerkiste bestickten.

"Das macht den Reiz der Ausstellung aus", erläutert Blum-Spicker, "dass es eben keine Werkstattarbeiten sind, sondern vollkommen individuelle Werke." So muss ein Mädchen eine nicht ganz so geschickte Hand gehabt haben, einem anderen schien es zu langweilig, die vorgegebenen Motive zu sticken, und es kreierte eigenwillige Muster.

"Die meisten Stickereien zeigen pflanzliche Motive, Blumen, Bäume, Früchte", so Blum-Spicker. Als Vorbilder vermutet man die Harems des Serails und die Hofwerkstätten in Istanbul. Gürteltücher gehören zu den Standardstücken, ebenso Bade- und Spiegeltücher, mit denen der nächtliche "böse Blick" aus dem Spiegel verhindert werden sollte.

Besonders interessant sind die Servietten; im Museum Zons hängt eine neun Meter lange aus: "Für die ganze Tischgesellschaft", lacht Blum-Spicker. Spätere Werke sind Geldbörsen und Kopftücher. Blum-Spicker: "Gegen Ende der Stickereizeit wurden die Muster vereinfacht und die Farben zunehmend greller." Meist sind auf das feine Material nur Bordüren gestickt, ab und zu breitet sich das Muster über das gesamte Tuch aus.

Diese Entwicklungen und oft regional bedingte Unterschiede der osmanischen Stickerei sind in der Ausstellung wiedergegeben. "Im vergangenen Jahr haben wir bereits damit begonnen, die islamische Kultur zu unserem Thema zu machen", sagt Blum-Spicker. Ein Vortrag und mehrere Theaterstücke mit demselben Hintergrund stehen auf dem Programm. Außerdem können passende Souvenirs im kleinen Museumsshop erworben werden.

Sich mit alttürkischen Textilien zu beschäftigen, hält weder die Hauschefin noch ihre Kollegin Angelika Riemann für befremdlich, da das Museum sein Augenmerk ohnehin gern auf fremde Kulturen richtet. Natürlich sollen auch die in Deutschland lebenden Türken angesprochen werden, von denen nur noch wenige Mädchen das Sticken praktizieren. "Wir erhoffen uns einen kulturellen Dialog", sagt Riemann. A. Schnürch

(NGZ)
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