Grevenbroich Für häusliche Pflege bei der Pension benachteiligt

Grevenbroich · Waltraud Weber kämpft um ihre Pensionsansprüche. Sie hat zehn Jahre lang Angehörige gepflegt und als Finanzbeamtin Teilzeit gearbeitet. Von ihrer Pension wird ihr aber das Pflegegeld abgezogen.

 Waltraud Weber kämpft um ihre Pensionsansprüche. Sie hat zehn Jahre lang Verwandte gepflegt, nun wird das Pflegegeld von ihre Pension einbehalten.

Waltraud Weber kämpft um ihre Pensionsansprüche. Sie hat zehn Jahre lang Verwandte gepflegt, nun wird das Pflegegeld von ihre Pension einbehalten.

Foto: Lothar Berns

Ein böses Erwachen gab es jetzt für Waltraud Weber, als sie ihren ersten Pensionsbescheid in den Händen hielt: Die 65-jährige ehemalige Beamtin am Finanzamt Grevenbroich hatte, um zehn Jahre lang ihre Mutter und ihre Schwiegermutter daheim pflegen zu können, Teilzeit gearbeitet: "Während der Pflegezeit hatte ich einen monatlichen Verlust von mehr als 1000 Euro. Die Pflegekasse hätte aber bei einer Heimunterbringung 1200 Euro und mehr an Pflegegeld ausgeben müssen", rechnet sie vor. Doch als sie nun zum ersten Mal den Bescheid über ihre Beamtenpension erhielt, verstand die Grevenbroicherin die Welt nicht mehr: Für die gesamte Zeit, die sie aufopferungsvoll die Mütter gepflegt hatte, wurde sie jetzt sogar noch "bestraft". Denn exakt die Summe von monatlich 95,75 Euro, die ihr als pflegende Angehörige zustanden, werden ihr jetzt von ihrer Pension einbehalten.

"Das sagt einem vorher keiner", wundert sich Weber, die sich ausgesprochen ungerecht behandelt fühlt und sagt: "Meine Kollegen, die mit mir in den Ruhestand gegangen sind, haben zum Teil ein viel niedrigeres erarbeitetes Ruhegehalt als ich. Sie haben keine zehn Jahre gepflegt, aber die Höhe der Mindestpension ist gleich." Sie hat deshalb Einspruch gegen die Kürzung ihrer Mindestpension um den monatlichen Betrag aus der gesetzlich vorgeschriebenen Pflegeversicherung eingelegt.

Außerdem hat Waltraud Weber Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe angeschrieben und ihren Fall dem Petitionsausschuss des Landtages bzw. der Landtagspräsidentin ans Herz gelegt. Und sie hat den SPD-Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl, Martin Schulz, angeschrieben. Dieser antwortet: "Leider blockiert die Union bisher die Umsetzung dieser Rente." (Gemeint ist eine Lebensleistungsrente, die bis zum Jahr 2023 umgesetzt werden soll.) Die SPD werde sich jedoch auch in Zukunft "für ein entsprechendes Konzept einsetzen", lässt Schulz ausrichten.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) verweist Waltraud Weber in seinem Antwortschreiben auf die bestehende Gesetzeslage. Der Bundesgesetzgeber nutze seinen Ausgestaltungsspielraum, dass sich der Dienstherr von Beamten von seiner Alimentationspflicht auch im Rahmen der Mindestversorgung zum Beispiel durch Einkünfte aus einer anderen öffentlichen Kasse entlasten dürfe. Und dazu zählten eben auch Rentenbeiträge aufgrund von ehrenamtlicher Pflegetätigkeit, führt Gröhe aus, der der Grevenbroicherin aber auch schreibt: "Vor dem Hintergrund, dass Sie Ihre Mutter und Ihre Schwiegermutter über viele Jahre gepflegt haben und dabei berufliche Einschränkungen und finanzielle Nachteile erlitten haben, kann ich nachvollziehen, dass Sie die geltende Rechtslage in Ihrer konkreten Situation als unbefriedigend empfinden." Und Gröhe schreibt weiter: "Auch wenn in Ihrer konkreten Situation die rentenrechtliche Absicherung durch die Pflegeversicherung eine Absenkung Ihrer Mindestpension bewirkt, hoffe ich den noch, dass Sie auch die vielen Verbesserungen würdigen können, die wir für pflegende Angehörige erreicht haben."

Die Anfrage der NGZ-Redaktion nach einer weiteren Stellungnahme zum "Fall Weber" zunächst bei Bundesgesundheitsminister Gröhe wurde von dort an das Bundesinnenministerium verwiesen, das sich ebenfalls als nicht zuständig erklärte und an das NRW-Innenministerium verwies. Dieses habe zuständigkeitshalber die NGZ-Anfrage ans NRW-Finanzministerium weiter geleitet, das aber auch auf wiederholte Nachfrage nicht antwortete. Auch Weber berichtet, das NRW-Finanzministerium habe ihr nicht geantwortet. Sie will nun auf Rat ihres Anwaltes nicht gegen das Land NRW klagen. Sie wisse allerdings von einer ehemaligen Kollegin, der die Pflegeversicherung auf deren Pension anlgerechnet werde. Nun wartet sie auf den Ausgang der Bundestagswahl und vielleicht eine Gesetzesänderung.

(NGZ)
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