Airport-Seelsorgerin Antje Reichow Beruhigendes Bodenpersonal

Airport-Seelsorgerin Antje Reichow · Von Jens Krüger Die Airport-Seelsorgerin Antje Reichow betreut am Düsseldorfer Flughafen verunsicherte Passagiere. Doch sie kann nicht überall sein. Nun bildet die 48-Jährige 14 Bewerber zu ehrenamtlichen Kollegen aus. Das Interesse ist so groß, dass die " Azubis " für das erste Lehrjahr bereits feststehen.

Von Jens Krüger Die Airport-Seelsorgerin Antje Reichow betreut am Düsseldorfer Flughafen verunsicherte Passagiere. Doch sie kann nicht überall sein. Nun bildet die 48-Jährige 14 Bewerber zu ehrenamtlichen Kollegen aus. Das Interesse ist so groß, dass die " Azubis " für das erste Lehrjahr bereits feststehen.

Als die ehemalige Gemeindepfarrerin Antje Reichow vor vier Jahren ihren Job als Airport-Seelsorgerin am Düsseldorfer Flughafen antrat, da habe man sie "ins kalte Wasser geworfen". Klar, das sagt man halt so. Doch was schnell als Phrase abgehandelt werden könnte, hat bei der 48-Jährigen eine ganz andere Dimension. Reichows Dienstbeginn war der 1. September 2001. Was zehn Tage später passierte, ist hinlänglich bekannt: Zwei Flugzeuge krachten in das World Trade Center. Der kollektive Schock damals spannte sich wie ein Netz um den gesamten Erdball. Insbesondere an den Flughäfen in der ganzen Welt ging die Angst um.

"Manche waren damals erstaunlich ruhig, andere erschüttert, entsetzt oder hysterisch", erklärt Reichow. Wer ohnehin Flugangst hat, der war durch den Terror noch mehr verunsichert. "Insbesondere Passagiere, die in die USA oder nach Kanada gefolgen sind, kamen aktiv auf mich zu", erklärt Reichow. Ein Mann habe sie gar gebeten "Er hält die ganze Welt in seiner Hand" mit ihr zu singen. Die Zeiten sind nicht unbedingt ruhiger geworden seitdem. Tunesien, Madrid, London, der Brand am Düsseldorfer Flughafen.

Doch die Hysterie scheint einer Lethargie gewichen. "Diesen Sommer habe ich nicht viel gespürt", so Reichow. Dann erzählt sie von dem Gedenkraum im Flughafen und dem Buch, in das man für die Terroropfer anteilnehmen kann. "Nichts" hätte nach den Anschlägen in diesem Sommer dringestanden. Einmal im Jahr sind Ferien, es ist wenig Geld da, das reicht für zwei Wochen Urlaub "all inclusive". Die Zeit will sich wohl niemand durch Ängste versauen.

"Da findet auch Verdrängung statt", so Reichow. Arbeit hat die Airport-Seelsorgerin dennoch genug. Fünfzehn Millionen Passagiere steigen im Jahr in Düsseldorf in den Flieger, 40 Prozent davon sind Geschäftsleute. Um diesen Massen Herr zu werden, bildet Reichow jetzt weitere Airport-Seelsorger aus - der Job ist ehrenamtlich. Und dennoch war die Nachfrage so groß, dass sie nach dem fünfzigsten Bewerber den Anrufbeantworter anschalten musste. 35 Bewerber - im Alter zwischen 30 und 60 Jahren - habe sie in die nähere Wahl gezogen, bereits 13 Gespräche geführt. Letztlich werden am 22. Oktober 25 Aspiranten zu einem Auswahltag eingeladen. Vierzehn Azubis werde sie letztlich einstellen.

"Das sind alles Menschen mit sozialer Kompetenz, die interkulturelle Arbeit leisten mögen", sagt Reichow. Diejenigen, die in diesem Jahr nicht berücksichtigt werden könnten, würden im kommenden Jahr automatisch, ohne Verfahren, an die Pole-Position rücken. Zwölfmal samstags soll die theoretische Ausbildung vonstatten gehen, gleichzeitig eine Hospitanz die künftigen Seelsorger allmählich in die Praxis lenken. "Nach einem Jahr werden die Ausgebildeten schließlich in Schichten eingesetzt", erklärt die 48-Jährige. Zudem erhofft sie sich, dass die Vielzahl an Charakteren für verschiedene Zielgruppen einsetzbar sind.

"Es hat sich etwa ein Geschäftsmann beworben, von dem ich mir vorstellen kann, dass er einen besseren Zugang zur Männerwelt hat als ich", so Reichow. Eine Managerin wollte statt Macht auszuüben mal Hilfe leisten. "Ich bin begeistert - es ist so gekommen, wie ich es mir erhofft und gewünscht habe", erklärt die Ausbilderin, die sich jetzt darauf freut, auf einer Internationalen Konferenz in Manchester Kollegen kennen zu lernen, die an anderen Flughäfen arbeiten.

(NGZ)
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