Berufsfindung im Rhein-Kreis Neuss Unternehmen auf der Suche nach Azubis

Rhein-Kreis · Bei der Check In Berufswelt stellen sich Arbeitgeber dem begehrten Nachwuchs vor – in der Hoffnung, ihn als Azubi oder duale Studierende zu gewinnen. Wie nötig das ist, zeigen Zahlen der noch offenen Lehrstellen.

Über den Tag verteilt kamen etwa 1000 Schülerinnen und Schüler zur „Check In“-Berufswelt ins Gare du Neuss.

Über den Tag verteilt kamen etwa 1000 Schülerinnen und Schüler zur „Check In“-Berufswelt ins Gare du Neuss.

Foto: Andreas Woitschützke

„Seid neugierig, löchert die Leute mit Fragen, vereinbart Praxistage und fragt auch, was ihr verdienen werdet, keine Scheu!“, fordert Daniela Perner, Geschäftsführerin der IHK Mittlerer Niederrhein, das Publikum während ihrer Begrüßungsrede zur „Check In“-Berufswelt auf. Auch Landrat Hans-Jürgen Petrauschke ermuntert, man solle „auch mal die Stände anschauen, deren Branche man nicht unbedingt für sich auf dem Schirm hatte“, auch dort könne eine gute berufliche Zukunft warten.

Das Publikum besteht aus jungen Menschen, deren Schullaufbahn sich in absehbarer Zeit dem Ende näht. Insgesamt um die 1000 werden es gewesen sein, die sich bei der „Check In“-Berufswelt im „Gare du Neuss“ über ihre beruflichen Möglichkeiten informiert haben, schätzt Veranstalter Thomas Feldges. Wie wichtig Veranstaltungen dieser Art – vor allem aus Unternehmenssicht – sind, macht die gleiche Zahl deutlich. „Im Umkreis von 20 Kilometern rund um Neuss sind noch etwa 1000 Lehrstellen für dieses Ausbildungsjahr zu besetzen“, weiß Daniela Perner: „Für die Schüler ist das natürlich eine gute Nachricht, für die Unternehmen weniger, es bedeutet weniger Planungssicherheit, wenn jetzt noch nicht klar ist, ob sie ihre Lehrstellen besetzen können.“ Mit der „Check In“-Berufswelt, die die IHK neben weiteren Akteuren mit initiiert, soll es Schülern so einfach wie möglich gemacht werden, sich einen Eindruck von verschiedenen Berufsbildern zu machen. 51 Unternehmen waren am Donnerstag vertreten. „Mit ganz wenigen Ausnahmen haben alle versichert, dass sie auch jetzt noch Azubis für dieses Jahr suchen“, so Perner. Das sei eine große Veränderung im Vergleich zu früheren Jahren, weiß sie: „Die Ausbildungsverträge waren im Herbst, spätestens im Januar oder Februar geschlossen.“ Selbst die beliebten Ausbildungsgänge wie Kaufmann/-frau für Versicherungen und Finanzanlagen oder Industriekaufleute lösen nicht mehr den Run aus wie früher. Ein Grund liege darin, dass viele Schulabgänger das Studium einem Ausbildungsgang vorzögen. „Wenn man sich die Abbrecherquoten ansieht, ist das aber nicht immer eine gute Entscheidung“, so die IHK-Geschäftsführerin.

Mit Klassikern wie Kugelschreibern, Schlüsselbändchen und Süßigkeiten, aber auch mit Glücksrad, Trinkflaschen und einigen Virtual-Reality-Brillen – Ferrari hatte sogar ein knallgelbes Modell der Nobelmarke vor der Tür stehen – wird um die Aufmerksamkeit des Nachwuchses gebuhlt. Der schlendert teilweise noch etwas unschlüssig von Stand zu Stand, andere suchen zielstrebig nach Branchen, für die sie sich interessieren. Eine Traube junger Frauen hat sich vor dem Stand der Justizvollzugsanstalt Willich eingefunden. Die 17-jährige Lara Lück vom Berufskolleg Marienhaus kann sich etwa die Ausbildung zur Justizfachangestellten vorstellen. Ihre Schulkameradin Lena Hinzen hat dagegen andere Vorstellungen und möchte sich an weiteren Ständen informieren. „Ich interessiere mich eher für den kaufmännischen Bereich.“ Das Angebot der Berufswelt findet sie sinnvoll. „Man hat hier viele verschiedene Unternehmen auf einem Fleck vor Ort, das ist praktisch, weil ganz viele Hürden wegfallen.“ Das Deutsche Rote Kreuz, die Bundeswehr, die Stadt Dormagen oder der Rhein-Kreis, aber auch große Unternehmen wie Ikea, Bayer oder Alunorf sind Teilnehmer, die alle um künftige Auszubildende werben. Auch die Plange Mehlmühle aus Neuss war vertreten. Wer an ihren Stand kam und sich eine der bereitgestellten Lakritzschnecken nahm, konnte Überraschendes erfahren. „Der zweitgrößte Bestandteil ist Mehl, man glaubt gar nicht, wo das überall drin ist“, so Mitarbeiter Stefan Kiesewetter. Er wirbt vor allem für den Ausbildungsberuf des Verfahrenstechnologen. „Praktisch das, was früher der Müller war, nur, dass das inzwischen ein hochmoderner Beruf ist, bei uns staubt nichts“, fügt er schmunzelnd hinzu. Auch über das Gehalt versuchen viele Arbeitgeber, die potenziellen Azubis für sich zu gewinnen. „Die Vergütung muss bei mindestens 620 Euro liegen“, erklärt Daniela Perner: „Viele bieten aber schon im ersten Ausbildungsjahr 1000 Euro oder mehr. Es lohnt sich also.“

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