Rhein-Kreis Neuss Ausstellung zu den Todsünden

Rhein-Kreis Neuss · Anständig essen – das ist nicht nur der Titel eines Vortrags der Ethnologin und Kunstwissenschaftlerin Katharina Hüsgens, sondern appelliert in einem Doppelsinn auch an das Essverhalten des Menschen.

 Kathrin Wappenschmidt zeigt in ihrer Ausstellung zur "Völlerei" in Sinsteden auch das Kleid der Designerin Claudia Woller zu dieser Todsünde.

Kathrin Wappenschmidt zeigt in ihrer Ausstellung zur "Völlerei" in Sinsteden auch das Kleid der Designerin Claudia Woller zu dieser Todsünde.

Foto: jaz

Anständig essen — das ist nicht nur der Titel eines Vortrags der Ethnologin und Kunstwissenschaftlerin Katharina Hüsgens, sondern appelliert in einem Doppelsinn auch an das Essverhalten des Menschen.

Denn anständig essen — das artet manchmal auch in Völlerei aus, und genau dieser widmet sich eine neue Ausstellung im Kreiskulturzentrum Sinsteden. Damit stellt dessen Leiterin Kathrin Wappenschmidt eine zweite von den sieben Todsünden vor und verknüpft dafür erneut die beiden Bereiche des Kulturzentrums: Landwirtschaft und Kunst. "Völlerei — Genug ist nicht genug" heißt die Schau, die nach "Neid — Der bösen Blick des Nachbarn" sich mit einer schlechten Charaktereigenschaften des Menschen beschäftigt.

Dabei will Wappenschmidt, die die Schau gemeinsam mit Hüsgens kuratierte, nicht anprangern, sondern "sachlich und möglichst objektiv aufzählen", wie sie sagt, worin diese Sünde besteht. Ausgangspunkt ist eine Geschichte von François Rabelais, der in "Gargantua und Pantagruel" die Geschichte eines unersättlichen Fressers und Säufers erzählt. Für Wappenschmidt das Sinnbild für Maßlosigkeit schlechthin; es geht um den Überfluss in allem.

Das fängt mit Lebensmitteln an. Und so steht ein mit Brot und Brötchen überquellender Korb für die Überproduktion von Lebensmitteln einer Vitrine mit einem gedeckten Essplatz als Symbol für das verdiente Essen in dem Märchen "Tischlein, deck dich" gegenüber. Zeitungsartikel — auch über die maßlose Gier von Tieren, die ein Krokodil platzen ließ, weil es der Pythonschlange nicht widerstehen konnte —, Grafiken über den Verbrauch pflanzlicher Ressourcen, um die Fleischnachfrage zu befriedigen, und andere Schriften weiten das Spektrum aus. Vom puren Schauen hin zum Lesen.

Ersteres wird wiederum im zweiten Raum angeregt. Die Designerin Claudia Woller hat das Kleid "Völlerei" (in Größe 34 ein bewusster Kontrapunkt) aus ihrer Kleider-Kollektion zu den sieben Todsünden beigesteuert. Und geradezu hochaktuell und kongenial zum Thema passend nehmen die Zeichnungen von Honoré Daumier von 1851 das menschliche Laster ins Visier. Sarkastisch und schmerzhaft treffend sind seine Arbeiten, die in einer Zeitung abgedruckt, zum Leidwesen des Künstlers allerdings in der Redaktion mit Kommentaren versehen wurden. Mehr als nur eine Ergänzung des Themas ist der hervorragend gemachte Katalog, der mit finanzieller Hilfe der Stiftung Kulturförderung der Sparkasse Neuss und des LVR möglich wurde (15 Euro).

Info Grevenbroicher Straße 29, Eröffnung heute, 19 Uhr, bis 9. Dezember

(NGZ/ac)
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