Remscheid Zwei Welten schlagen in Minis Brust

Remscheid · Die Chinesin Que Du Luu stellt ihr Buch "Im Jahr des Affen" vor. Migranten sollen erfahren, dass sie nicht alleine sind.

Ihre Eltern sind am Ende des Vietnamkrieges übers Meer nach Deutschland geflohen. Da war Que Du Luu drei Jahre alt. Sie weiß, was es bedeutet, ein Flüchtling zu sein, sie weiß, wie es sich anfühlt, in zwei Kulturen beheimatet zu sein. Und sie kann schreiben über ihre Erfahrungen als Kind mit zwei Identitäten. Keine ungelenke Hobby-Autorin, sondern mit Que Du Luu (43) liest eine vielfach ausgezeichnete Literatin am Donnerstag in der Zentralbibliothek, und am Freitag vor Schülern in der Sophie- Scholl-Schule. Eine Lesung, die nach Remscheid passt, denn immer mehr Menschen in dieser Stadt haben eine zweite Herkunft. Mit 121 Nationalitäten gehört Remscheid zu den Städten mit einer beeindruckenden Vielfalt an Verschiedenheit.

"Mini" heißt die Hauptfigur im Roman "Im Jahr des Affen", den von Que Du Luu in diesem Jahr veröffentlicht hat. Mini wird von ihrem Onkel Wu aus China als "Banane" bezeichnet: außen gelb und innen weiß. Ihr Vater hingegen bleibt durch und durch gelb. Er spricht nur gebrochenes Deutsch und betreibt ein Chinarestaurant in Herford. Als ihr Vater ins Krankenhaus kommt, muss Mini im Restaurant schuften, sich mit dem trotzigen Koch streiten - und sie kann Bela nicht wiedertreffen, bei dem sie so viel Ruhe gefunden hat. Dann reist auch noch Onkel Wu an. Der traditionsbewusste Chinese holt die Vergangenheit wieder hoch: das frühere Leben, die gefährliche Flucht als Boatpeople aus Vietnam.

Poetisch, klug, unterhaltsam wird das Buch in verschiedenen Besprechungen charakterisiert. Es erzählt von der Tragik des Andersseins, der Suche nach Heimat - und der Suche nach Glück. Die Autorin erhielt für "Im Jahr des Affen" den Förderpreis für deutschsprachige Kinder- und Jugendliteratur. Für ihre anderen drei Romane wurde die studierte Germanistin und Philosophin mit dem Adelbert-Chamisso-Preis, dem Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen, und einem Arbeitsstipendium der Robert Bosch-Stiftung ausgezeichnet. Que Du Luu liest nicht als erste Autorin (43) mit Migrationshintergrund in Remscheid. Seit drei Jahren organisiert eine Gruppe von Vereinen Interkulturelle Lesungen. Dazu zählt der Caritasverband, die Deutsch-Indische-Gesellschaft, die Lütteraten, der Förderverein für Interkulturelle Erziehung, das Kommunale Integrationszentrum, die Schlawiner und der Kulturkreis im Heimatbund. In diesem Jahr bezahlt die Robert-Bosch-Stiftung die Lesung. Für Spesen und Unterkunft kommen die Veranstalter auf. "Wir wollen vor allem Jugendliche durch die Begegnung mit Autoren den Wert eines Buches und der Sprache näher bringen", sagt Wolfgang Luge von den Lütteraten. Jugendliche mit zwei Identitäten erfahren bei den Lesungen, dass sie nicht alleine sind mit ihren Problemen.

Es soll nicht beim reinen Zuhören bleiben. Die Begegnung mit den Autoren soll die Schüler auch ermuntern, selber zu schreiben und nach Ausdrucksmöglichkeiten für ihre Lebenssituation zu suchen. Ideal wäre es nach Ansicht von Luge, nach der Lesung Projekte wie eine Schreibwerkstatt oder einen Literaturkreis folgen zu lassen. "Wir überlegen, ob wir nicht mal eine Interkulturelle Lesereihe für eine ganze Woche veranstalten", sagt Luge. Doch dafür brauchen die Veranstalter mehr Unterstützung.

Lesung Donnerstag, 3. November, 19 Uhr, Zentralbibliothek, Scharffstraße 4-6; Eintritt frei.

(RP)
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