Remscheid Zu wenig Justizpersonal - Gläubiger müssen auf ihr Geld warten

Remscheid · Die Justiz im Bergischen Land leidet an mangelnder Verfügbarkeit ihres Personals. Landgerichtspräsident Dr. Josef Schulte informierte gestern zusammen mit den Direktoren der zugehörigen Amtsgerichte über Geschäftsanfall und Verfahrensdauer im Landgerichtsbezirk Wuppertal.

Eigentlich gebe es genug Personal, sagte er. Die Mitarbeiter seien nur nicht bei der Arbeit. Im gehobenen und mittleren Dienst sowie bei den Wachtmeistern gebe es eine "unglaubliche hohe Fehlquote" aufgrund ärztlich attestierter Krankheit. Wachtmeister etwa fehlten im Durchschnitt knapp sieben Wochen im Jahr. Zusammen mit sechs Wochen Urlaub seien es über zwölf Wochen, in denen sie nicht arbeiten würden.

Die Ursache liege im hohen Durchschnittsalter ("älter als 50 Jahre") der Beamten im unteren bis zum gehobenen Dienst. Nachwuchs fehle. Sorgen bereiten Schulte besonders aufgrund des Personalmangels bei Gerichtsvollziehern die hohe Anzahl der Rückstände, einen Vollstreckungstitel zu vollstrecken. Die Folge: Gläubiger, die einen Prozess gewonnen haben und nunmehr erwarten, baldmöglichst durch den Gerichtsvollzieher Geld vom Gläubiger zu bekommen, können lange warten.

Die Beschwerden bei den Amtsgerichten häufen sich - sie mussten deshalb extra ein Beschwerdemanagement einrichten. Allein in Wuppertal sind rund 12 000 Vollstreckungen anhängig. Eine hohe Zahl gibt es auch für Remscheid, genaue Zahlen konnten aber weder Schulte noch Paul-Dieter Dudda, Präsident des Amtsgerichtes Remscheid, nennen. In Remscheid gebe es derzeit im Schnitt 4,75 Gerichtsvollzieher, sagte Dudda. Früher habe es acht gegeben. In Solingen gab es laut dem Direktor des dortigen Amtsgerichtes, Markus Asperger, früher zehn, jetzt sind noch acht tätig.

Besonders seit dem neuen Gesetz "Reform der Sachaufklärung", das die Arbeit der Gerichtsvollzieher in hohem Maße veränderte, ist ihre Zahl drastisch gesunken. Viele verabschiedeten sich in die Frührente. Durch Verbesserung des Krankenstandes und strukturelle Maßnahmen hofft die bergische Justiz, diese Rückstände in 2015 aufarbeiten zu können. Gleichwohl gibt es auch Gutes zu berichten: Die Anzahl der Geschäftsanfälle ist, wie in den letzten Jahren auch, durchweg gesunken. Remscheid und Solingen nehmen dabei Spitzenpositionen ein. Auffällig ist, dass es vermehrt Verfahren gegen "Klau-Brigaden" gibt. Wegen der vielen Angeklagten, die Übersetzungen benötigen, dauern diese Verfahren in der Regel lange. Der drastische Rückgang an Jugendstraftaten liegt allerdings am demografischen Wandel: Es gibt weniger Jugendliche.

(begei)
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