Remscheid WTT: Stück zur eigenen Krise

Remscheid · Der Weg auf die Straße und in die Öffentlichkeit ist nicht der Weg, den das Ensemble des Westdeutschen Tourneetheaters gehen will, um gegen die Existenzbedrohung durch die angekündigte Kürzung von Geldern zu protestieren. Das Theater wehrt sich mit den Mitteln des Theaters auf der Bühne. Das Stück zur Krise haben Intendantin Claudia Sowa, Schauspieler Thomas Ritzinger und Mitarbeiterin Beate Lange selber geschrieben. "Kunst kommt von Kürzen" lautet der Titel. Die ersten Skizzen sind bereits im November des vorigen Jahres entstanden, so als hätte Sowa schon geahnt, dass dem WTT der Zuschuss von 100 000 Euro gestrichen werden soll.

 Die Intendantin spielt die Intentantin: Claudia Sowa im Stück "Kunst kommt von Kürzen". Es schauen zu: Björn Lenz, Verena Sander und Kristina Otten.

Die Intendantin spielt die Intentantin: Claudia Sowa im Stück "Kunst kommt von Kürzen". Es schauen zu: Björn Lenz, Verena Sander und Kristina Otten.

Foto: NH

Das Autorentrio nennt sein Werk eine Hinterbühnensatire. Der Beginn der Komödie mit bösem Schluss spiegelt eine immer wiederkehrende Realität des Theaters an der Bismarckstraße auf humorvolle Weise: Auf der Bühne waren mal wieder mehr Personen als im Zuschauerraum. Irgendwie weiß man auch nicht mehr weiter, weder beruflich, noch privat. Feine Zynismen schwirren pfeilschnell durch die Garderobe. Und dann kommt auch noch die Intendantin mit einem Schreiben der EU aus Brüssel, das ankündigt, der Bühne kein Geld mehr zu überweisen, wenn man nicht die Richtlinien eines neuen Vermarktungskonzeptes einhält. Die drei Säulen des künftigen Erfolgs heißen "Professionalität", "Massenkompatibilität" und "Mulliflexibilitätsdisponibilität" oder so. Jedenfalls braucht das Theater über Nacht neue Konzepte und neue Stücke. Immerhin: Es geht um alles.

Die Ideen zu dem neuen Stück sind nicht ganz aus der Luft gegriffen. Das WTT hat die Bürger auf der Alleestraße befragt, welches Theater sie sich denn wünschen. Die einen sagen, nur Komödien, die anderen sagen, nur Klassiker. Dritte sagen, modernes experimentelles Theater wäre interessant. Die Umfrage hat das Theater auch nicht viel weiter gebracht bei seiner Suche nach dem Weg zu mehr Zuschauern und Zuschüssen. Immerhin hat sich aber ergeben, dass man bei den Eintrittspreisen mit zwölf Euro in Remscheid richtig liegt.

Auch vor der Premiere am 2. Juni, 20 Uhr, steht die kulturpolitische Aussage bereits fest: Wenn das Theater es allen recht machen will, den Forderungen der EU genauso wie den unterschiedlichen Geschmäckern des Publikums, dann kommt die "absolute Apokalypse" heraus, wie Sowa es nennt. Da will das WTT nicht mitmachen. Notfalls geht es doch noch auf die Straße.

(RP)
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