Remscheid Wenn Töne graue Schleier tragen

Remscheid · Mit Markus Huber stellte sich der dritte Kandidat für die GMD-Stelle der Bergischen Symphoniker vor.

REMSCHEID Hat das Remscheider Publikum am Mittwochabend mit Markus Huber (50)den neuen Generalmusikdirektor der Bergischen Symphoniker gesehen? Im Foyer des Teo Otto Theaters tuschelten die Besucher nach dem Konzert darüber, wer es denn werden könnte. Ein paar zufällige Stichproben ergaben, dass es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Huber und Mihhail Gerts (34), der vor zwei Monaten beeindruckte, geben wird. Der Italiener Fabrizio Ventura (60) scheint aus dem Rennen zu sein.

Huber hinterließ einen guten Eindruck. Er präsentierte sich als ein Dirigent, der mit seiner Ausstrahlung klar und gemütvoll die Bergischen Symphoniker dirigierte. Manchmal reichten bei ihm nur ein paar Andeutungen mit den Fingern der linken Hand, um das Klangvolumen der Geiger zu steuern. Manchmal arbeitete er mit großen Gesten, um die Einsätze vor allem der Bläsergruppe und der Schlagwerker zu regulieren. Dirigent und Orchester haben sich jedenfalls an diesem Abend gut verstanden. Schumanns zweite Symphonie erreichte Stellen, die zum Niederknien waren.

Fiebrig nervös und oft wie getrieben glitt der erste Satz dahin. Zu den klangschönsten langsamen Sätzen der Orchesterliteratur gehört das Adagio espressivo des dritten Satzes. Huber konturierte die Schatten innerer Zerrissenheit und stieß vor in eine Welt voller melancholischer Nebel. Schumann wirkt mit diesen Klängen wie ein Zeitgenosse. Anstatt Solist und Orchester wie bei einem Wettstreit gegeneinander antreten zu lassen, dialogisieren sie in Mozarts drittem Violinkonzert gleichberechtigt miteinander. Mihalj Kekenj, der erste Konzertmeister des Orchesters, trat als Solist auf. Im gleichberechtigten Dialog mit seinen Kollegen ist er ein Spezialist. Das war in vielen Phasen zu spüren. Die Violine übernahm die Rolle eines Suchenden, der immer wieder einzelne Motive aus dem Orchester aufnimmt, von ihnen abschweift oder neue Gedanken daraus entwickelt. Dazu bündelte Mozart eine Vielzahl an Melodien, die ein großes Gefühlsspektrum abdecken: Freude und Schmerz, Humor und Ernsthaftigkeit.

Kekenj, in weißen Turnschuhen und lockerem Hemd, spürte in den langen Soloparts diesem kristallinen Klanggewebe einfühlsam nach. Für sein Spiel erhielt er nicht nur Blumen vom Dirigenten, sondern auch eine Flasche Wein von der Klarinettistin Marlies Klumpenaar im Namen des Orchesters. Zurecht. Die Poesie der Kindheit faszinierte den Komponisten Maurice Ravel. Aus der Welt der kindlichen Zauberdinge erfand er schillernde Klangfarben. Manche Töne tragen graue Schleier.

Unter Huber klangen die Bergischen Symphoniker bei der Eröffnung des Konzerts kompakt in den rhythmischen Passagen und empfindsam für die Zwiegespräche aus der Stille. Am Schluss gab es viel Applaus. Ob Huber der neue Chef wird, entscheidet sich nächste Woche.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort