Remscheid Warum Lehrer so gut zum Karnevalisten taugen
Remscheid · Jetzt wissen wir endlich, warum Karnevalskomiker in die Bütt steigen: Es sind frustrierte Lehrer. Traumatisiert durch die Praxis in der Penne können sie gleichwohl das (Be-)Lehren nicht lassen. Nunmehr plaudern sie vor dankbarem Publikum aus der Schule.
Wie Volker Weininger in der Klosterkirche. Der studierte Pädagoge (Deutsch, Englisch), Kabarettist und Karnevalist zückte zu Anfang den roten Lehrerkalender und fragte: "Na? Wie isset?". "Joot", hätte sicherlich so mancher Besucher zurückgerufen, hätte das rote Schicksalsbuch ihm nicht den längst vergessenen Angstschweiß seiner Schulzeit auf die Stirne getrieben. Viele werden den Kalender aber auch selber in der Tasche getragen haben - nämlich die Inkognito-Lehrer im Publikum, die sich mit Insidermiene über gelungene Gags amüsierten.
Davon bot Weininger viele. Er hielt zwei Schulstunden ab, getrennt durch Gong und der "großen Pause". Sie eigne sich trefflich, den Lehrern einen großen Schluck Mariacron aus dem Handschuhfach des Autos zu gestatten, sagte er. Was war Wahrheit, was war Komik? Die Grenzen verschwommen. Gibt es tatsächlich heutzutage textiles Gestalten für pubertierende Schüler? "Waterboarding-Folter" nannte das der Klosterkirchenpauker. Verfügen 75 Prozent der Schulen noch über Röhrenfernseher, rund 60 Prozent über Kassettenrekorder, und benutzen lediglich 30 Prozent der Lehrer das Internet im Unterricht? Weininger brauchte sich keine große Mühe zu machen, kopfschüttelndes Lachen zu erzeugen. Die Fakten alleine reichten aus. Zur Erwähnung der sogenannten "Kiss-and-Go-Zone", die den "Helikopter-Eltern" den Schmuseabschied an der Schule ermöglichen soll, kam der Zwischenruf: "Das heißt bei uns Elterhaltestelle!". Und schläft so manches Baby heuer mit Babyphone auf der Sensormatte zur Überwachung von Atempausen mit Benutzung des kostenlosen Alarmservice?
Alle bekamen sie ihr Fett weg: Lehrer, Eltern, Schüler und unser Bildungssystem. Besonders gut kamen Schülerzitate an wie: "Indisches Kastenwesen? - Halb Mensch, halb Kasten" oder: "Ausgang des spanischen Bürgerkrieges? Drei zu Eins". Ein Lehrer, der nicht genannt werden wollte, kommentierte in der Pause: "Ein Super-Programm, vor allen Dingen für Lehrer." Zu guter Letzt kamen noch die Jecken auf ihre Kosten: Weininger hielt als Zugabe im vollen Karnevalsornat eine lallende Büttenrede, bei der sich die Leute schlapp lachten. Vergessen waren Lehrerfrust und Elternsorge. "Mehr Lehrer in die Bütt!", stand danach vielen im Gesicht geschrieben.
