Remscheid Vortrag über Strategien gegen Jugendgewalt

Remscheid · Klaus Priestersbach weiß genau, wovon er spricht: Der Wuppertaler ist seit 27 Jahren Bewährungshelfer, 21 davon in Remscheid. Ein Aufgabenschwerpunkt Priesterbachs ist dabei die Jugendhilfe. Beim ersten Hasenberger Vortrag in den neuen Räumlichkeiten im Evangelischen Gemeindehaus an der Hardtstraße in Lennep sprach Priestersbach vor etwa 50 Zuhörern zum Thema "Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen - Warum werden Jugendliche zu Gewalttätern?".

Und er bewegte sich dankenswerterweise jenseits aller akademisch erhobenen Zahlen und wissenschaftlicher Belege. "Ich habe einige Geschichten aus meiner Tätigkeit mitgebracht. Das ist allemal interessanter als die rein nüchternen Fakten", sagte Priestersbach. An den Beginn stellte er ein Zitat, das das Dilemma deutlich auf den Punkt brachte, und vor allem zeigte, dass es sich um kein neues Problem handelte: "Unsere Jugend ist unerträglich, unverantwortlich und schrecklich anzusehen", hatte der griechische Philosoph Aristoteles gesagt. Das könne man zwar keineswegs verallgemeinern, es spreche aber wohl dafür, dass es bei Jugendlichen in der Pubertät vor allem darum gehe, Grenzen auszutesten, sich an den Erwachsenen zu reiben und Regeln zu übertreten. "Daher kann man sagen, dass viele Jugendliche leicht kriminell sind - also schwarz mit der Bahn fahren oder in der Drogerie eine Kleinigkeit mitgehen lassen", sagte Priestersbach.

Diese Episode der Jugendstraffälligkeit sei normalerweise mit dem Ende der Pubertät vorbei, sagte Priestersbach: "Mit dem Erwachsenwerden lernt man, mit seinen Aggressionen richtig umzugehen." Normalerweise. Denn ein kleiner Teil der Jugendlichen sei gefährdet und könne zu Intensivstraftätern werden: "So nennt man Jugendliche, die mit schweren Straftaten, oft einhergehend mit Gewalt, auffällig werden," sagte der Bewährungshelfer. Ein wichtiges Kriterium für eine positive Entwicklung sei das soziale und familiäre Umfeld. "Wenn das nicht gefestigt ist, oder wenn darin Gewalt ein probates Mittel zur Problemlösung ist, kann der Jugendliche am falschen Vorbild lernen", sagte Priestersbach. Wichtig sei zudem, dass man sich Hilfe hole, wenn man beunruhigende Anzeichen beim Nachwuchs bemerke: "Es gibt in Remscheid den Kinderschutzbund, dort sitzen kompetente Fachkräfte", betonte Priestersbach.

Er arbeite zudem mit drei Präventionssäulen: dem Anti-Aggressionstraining, der SOS-Maßnahme und dem Betreuungshilfeverein für jugendliche Straftäter. Beim Anti-Aggressionstraining würde in 70 Unterrichtsstunden gelernt, wie mit Aggressionen umgegangen werden könne: "Der Erfolg gibt uns recht, bei 300 Teilnehmern in den vergangenen Jahren haben wir eine 60-prozentige Erfolgsquote", sagte Priestersbach. SOS bedeute: Sekt oder Selters. "Bei diesem Projekt vermitteln wir Jugendlichen, denen eine Gefängnisstrafe droht, einen Eindruck davon, wie es im Knast zugeht", sagte Priestersbach. So würden die Jugendlichen einen Tag im Gefängnis verbringen, zusammen mit Lebenslänglichen, die deutlich machen, was der Verlust der Freiheit bedeutet. Nicht zuletzt sei auch die Arbeit des Betreuungshilfeverein wichtig, weil so die straffällig gewordenen Jugendlichen einen ehrenamtlichen Helfer an der Seite hätten, sagte Priestersbach, dessen Publikum ihm an den Lippen hing.

(wow)
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