Remscheid Überfälle: Angeklagter wollte ins Gefängnis zurück

Remscheid · Wäre es nicht eine schwere Straftat und hätte der Angeklagte nicht diejenigen, die er bei seinen Überfällen bedroht hat, in Angst und Schrecken versetzt: Es hätte den Stoff für eine Komödie. Was war passiert?

Vor dem Wuppertaler Landgericht hat sich derzeit ein 53-jähriger Remscheider zu verantworten, der im Sommer und im Herbst 2017 drei Raubüberfälle begangen hatte.

Den ersten bei der MPU-Stelle des TÜVs an der Bismarckstraße, wo er den Angestellten vom Flur aus zur Kasse lotste, um den Inhalt der Geldkassette mitgehen zu lassen. Einen weiteren Überfall in einem Friseursalon, bevor er kurz darauf mit Maske und Luftwaffe in einem Computerladen stand und Geld haben wollte. Das gab's nur beim TÜV. Wie viel genau, wusste der Mann schon gar nicht mehr. Er erinnerte sich an 1800 Euro, der Richter half ihm mit 1680 Euro auf die Sprünge. Von den anderen Tatorten war der Angeklagte ohne Beute verschwunden.

"Die Frau war einfach zu cool, und irgendwie fand ich sie auch nett", erinnerte er sich an die Mitarbeiterin des Friseursalons. Die habe auf ihrem Handy herumgetippt und ihm gezeigt, wo die Kasse sei. Das da nicht viel drin sei, hatte sie den maskierten und vermeintlich bewaffneten Räuber wissen lassen. Danach habe sie weiter auf dem Smartphone herumgetippt und er sei gegangen, ließ der Angeklagte das Gericht wissen. Das war so gegen 6 Uhr am Nachmittag. Und weil ihm das Geld für Drogen und zum Leben fehlte, sei er nach dem Einwurf eines "Amphetamin-Bömbchens" gleich wieder losgezogen. Diesmal in einen Computerladen, in dem der junge Angestellte zitternd vor ihm gestanden habe. Dann sei der Chef aus dem Hinterzimmer gekommen - im Rollstuhl. "Da war es dann ganz aus. Ich kann niemanden überfallen, der im Rollstuhl sitzt", ließ der Angeklagte das Gericht wissen. Die Waffe und seine Maske ließ er während seiner Flucht im Park zurück.

Erfolgreich sei also nur der Überfall beim TÜV gewesen - und das auch nur, weil er sich derart mit Amphetaminen zugedröhnt habe, dass er innerlich taub gewesen sei. "Ich bin eigentlich empathisch und habe versucht, das mit den Drogen zu überwinden", gab der Mann einen Einblick. Dabei scheint noch nicht mal das Gefängnis ein Ort zu sein, in dem man davor gefeit sei. Denn dort hatte der Angeklagte nach einem Mord mehr als 23 Jahre verbracht, bis der Rest der eigentlich lebenslänglichen Haft zur Bewährung ausgesetzt wurde. Anfangs sei das Leben in Freiheit noch gut gelaufen, bis ihm die Zeitarbeitsfirma gekündigt habe. Danach ging's bergab bis in die Obdachlosigkeit, zum Tatzeitpunkt habe er bei einer Bekannten gewohnt. Fünf Tage wach und einen Tag schlafen, dass sei damals sein Rhythmus gewesen. Die Waffen habe er in Essen auf dem Sperrmüll gefunden. Dass er auch noch einen Schalldämpfer auf die Pistolen-Attrappe geschraubt hatte, erklärte er so: "Der gehörte dazu und das sieht imposanter aus." Und warum er das alles gemacht habe? "Ein Teil von mir wollte zurück in den Knast."

(magu)
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