Röntgen-Gymnasium in Remscheid-Lennep Trainingscamp für das digitale Zeitalter
Lennep · Die digitale Fitness der Schulen wird oft an der IT-Ausstattung gemessen. Doch die Technik ist kein Selbstzweck. Am Lenneper Röntgen-Gymnasium verschiebt sich der Fokus auf digitale Schlüsselkompetenzen der Schüler.
Jörg Bergemann spricht gerne über den Stand der Digitalisierung an seiner Schule. Doch der Leiter des Röntgen-Gymnasiums wird ungeduldig, wenn die Debatte nur um die Schnelligkeit des Internets kreist. Denn so wichtig Up- und Downloadraten, die digitale Infrastruktur im Allgemeinen und die Lösung technischer Probleme durch einen Second-Level-Support auch sein mögen – aus Sicht von Bergemann sollte der Fokus mittlerweile viel stärker auf einer anderen Frage liegen: „Wie fit sind unsere Schülerinnen und Schüler wirklich für das digitale Zeitalter?“
Was genau er damit meint, beschreibt sein Mitarbeiter Bastian Klappert, Digitalisierungsbeauftragter der Schule sowie Lehrer für Englisch und Mathematik, mit einem Beispiel: „Heute kommen viele Schülerinnen und Schüler ganz selbstverständlich mit einem Tablet in die Schule. Doch wenn die Geräte nur als Ersatz für ein Schulbuch oder einen College-Block genutzt werden oder schlimmstenfalls auch nur zum Abfotografieren, sind wir didaktisch keinen Schritt weiter.“ Was es braucht, sei die zunehmende Vermittlung von Schlüsselkompetenzen, die in der digitalen Welt unerlässlich sind und sowohl im späteren Studium als auch in der Arbeitswelt von zentraler Bedeutung.
Diese Kompetenzen sind nach Angaben seines Kollegen Alexander Gropper, Lehrkraft für Spanisch und Sozialwissenschaften und Koordinator für Schulentwicklung, klar definiert: „Es geht dabei um das Erlernen von Kommunikation, Kollaboration, Kreativität und einem kritischen Denken.“ Wobei aus seiner Sicht an den Schulen insbesondere der kritische Blick geschärft werden muss: „Eine gute digitale Unterrichtsstrategie nutzt nicht nur alle vorhandenen technischen Möglichkeiten. Sie sensibilisiert auch, idealerweise integriert in den Fachunterricht, für die Risiken und Probleme des Internets.“ Im Klartext heiße das: „Wir müssen unseren Schülerinnen und Schülern vermitteln, was Algorithmen bedeuten. Wir müssen ihnen regelmäßig zeigen, wie sie Quellen im Internet zu beurteilen haben und woran sie Fake News erkennen. Und wir müssen sie unermüdlich darauf aufmerksam machen, wie schnell man im Internet Persönlichkeitsrechte verletzt und gegen das Copyright verstößt.“
Ein weiterer wichtiger Aspekt: Digitalkompetenz werde immer noch viel zu oft mit tollen Powerpoint-Folien verwechselt, ergänzt Schulleiter Bergemann. Er spüre das auch an den Reaktionen von Schülerinnen und Schüler, wenn sie sich nach einem optisch eindrucksvollen Vortrag oder Referat enttäuscht über ihre Noten zeigen: „Dann muss ich erklären, dass die Form zwar wirklich beeindruckend war, leider aber nicht die Inhalte.“ Um Inhalte müsse es an den Schulen aber weiter in erster Linie gehen. Denn so begrüßenswert es auch sei, an Schulen schicke Whiteboards zu haben und immer IT-affiner zu werden: „Sinn macht das alles nur, wenn wir damit effektiv Lerninhalte vermitteln können.“
Weshalb das RöGy auch weiter die digitale Lernplattform Logineo NRW auf ihre Leistungsfähigkeit prüfe. Zumal sich diese Plattform Bergemann zufolge momentan im Zukunfts-Check befindet und vom Ministerium für Schule und Bildung ergebnisoffen begutachtet wird, „parallel zur Betrachtung des Entwicklungsstands von Lernplattformen in anderen Bundesländern“. Das Röntgen-Gymnasium warte ab, „was dabei herumkommt“. Denn eines sei auch klar: „Es bringt uns nichts, digitale Strukturen aufzubauen und ein Lernmanagementsystem einzuführen, das wir spätestens nach drei Jahren wieder eindampfen müssen.“ Eine solche mögliche Verschwendung von Kapazitäten wolle man einfach nicht riskieren, „zumal es weiter Lehrkräfte sind, die sich mit IT-Problemen beschäftigen müssen“. Und wenn er ehrlich sei, rechne er auch nicht damit, dass sich das irgendwann ändert: „Wer in IT-Fragen kundig ist, verdient in der privaten Wirtschaft ein Zigfaches dessen, was er im Öffentlichen Dienst verdienen kann.“ Da sei es doch klar, dass man zwar weiter beharrlich IT-Experten für die Schulen einfordern könne, „die Arbeit am Ende aber doch an einzelnen Lehrkräften hängen bleibt“.