Kultur in Remscheid Remscheid liebt Chicago

Remscheid · Das Odyssey Dance Theatre war mit seiner furiosen Tanz-Show „Chicago Nights“ zu Gast im Teo Otto Theater.

 Wo im Ballett enge Kleidung die Bewegungen leichter macht, flatterte es beim Odyssey Dance Theatre.

Wo im Ballett enge Kleidung die Bewegungen leichter macht, flatterte es beim Odyssey Dance Theatre.

Foto: Teo Otto Theater

Wer eine eher abstrakte und voll mit intellektueller Schwermut gefüllte Tanzdarbietung erwartet hatte, sah sich auf fulminante und furiose Art getäuscht: Das Odyssey Dance Theatre aus Salt Lake City war am Dienstagabend im mit rund
500 Besuchern erfreulich gut besuchten Teo Otto Theater zu Gast. Im Gepäck hatten die Tänzer um den Gründer und künstlerischen Leiter Derryl Yeager ihre Produktion „Chicago Nights“. Und schon der großartige Auftakt mit einer wie aus einem Broadway-Musical entlehnten Massentanzszene machte deutlich, dass hier nicht so sehr das feingeistige Schwanensee-Ballett-Publikum Zielgruppe war, als vielmehr Freunde opulenter und blockbustertauglicher Tanzakrobatik, verpackt in eine packende Story.

Grob umrissen ging es um das Chicago der 1920er-Jahre, als auf der einen Seite die Prohibition offiziell jegliche alkoholbedingten Ausschreitungen zu unterdrücken gedachte, praktisch jedoch im Geheimen getrunken und gefeiert und der Staatsmacht ein Schnippchen geschlagen wurde. Gangster wie Al Capone zogen aus dem Alkoholverbot ihren Gewinn, sorgten aber gleichzeitig mit großer Brutalität für Ruhe und Ordnung in ihrem Kiez. Jazz war die Musik der Stunde, es wurde in den Bars und Kneipen hemmungslos geliebt und getanzt. Als Gegenpol versuchte nicht nur die Polizei zu wirken, sondern auch die damals größte Frauenbewegung, die „Women’s Christian Temperance Union“.

Zur passend ausgewählten Musik vom Band, die wuchtig, aber nicht zu laut ins Theaterrund dröhnte, gaben die Tänzer auf der Bühne von Anfang an alles. Die Hauptrollen spielten dabei Gangsterboss Al Capone (Casey Peterson) und seine Liebe, die zur Mörderin an ihrem Geliebten gewordene Roxie Hart (Amber Morain). Die Tänzerinnen und Tänzer waren dabei in wunderbar anzusehende Kostüme (Cheryl Yeager) gewandet, die die Zeit noch lebendiger als die Musik werden ließen. So waren die christlichen Bewahrerinnen der Nüchternheit in lange Röcke und hochgeschlossene Blusen gekleidet, während Roxie im sündigen Negligé zunächst einen heißen Tanz mit ihrem Liebhaber hinlegte, ehe dieser zu zudringlich wurde, woraufhin sie ihn erschoss.

Und auch die Prostituierten im „Brothel Ballet“, die Knastbräute im „Cell Block Tango“ oder die Kneipendamen in „Speakeasy“ waren bunt und sexy gekleidet, während die Herren, etwa in „Gambling Hall“, im „Bootlegger’s Bash“ oder bei „Razzle Dazzle“ immer im Anzug mit Hut auftraten. Dadurch wurde die Körperbeherrschung der Tänzerinnen und Tänzer allerdings noch ein gutes Stück eindrucksvoller. Denn wo im normalen Ballett möglichst wenig und möglichst enge Kleidung die geschmeidigen Bewegungen leichter macht, flatterte es beim Odyssey Dance Theatre teils doch arg und man wunderte sich, dass das die Akteure so gar nicht zu behindern schien.

Denn aller Bombast drumherum konnte nicht davon ablenken, dass die Tänzerinnen und Tänzer wahre Meister ihres Fachs waren. Ob Al Capone als eitler Geck mit der Kanone in der Hand tänzelte, ob „Mr. Cellophane“ sich gummiartig verrenkte, die Knastbräute perfekt synchron tanzten oder die Massentanzszenen mit über 20 Akteuren mehr boten, als die Augen auf einmal entdecken konnten – beim Odyssey Dance Theatre war tatsächlich alles perfekt, keine Schritte und keine Bewegungen, die nicht saßen, keine Choreographie (Veronica Cabling), die sich nicht schlüssig auflöste. Alles wurde zudem mit einer Begeisterung präsentiert, die direkt von der Bühne sprang.

Jede einzelne Tanzszene wurde vom Publikum ausgiebig bejubelt und beklatscht. Und am Ende hob sich der Vorhang noch zwei- oder dreimal, während der zuletzt im Stehen gespendete Applaus kein Ende zu nehmen schien.

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