Remscheid Symphoniker: Zum "Gipfelblick" in drei Etappen
Remscheid · Als Sergey Malov zu seiner zweiten Zugabe auf die Bühne zurückkommt, ist man im Publikum einen kleinen Augenblick irritiert. Der Solist, der zuvor mit seinem furiosen Spiel auf dem historischen Violoncello da spalla in Joseph Haydns ersten Konzert für Cello und Orchester in C-Dur begeistert hat, tauscht das irgendwie unhandliche Instrument, das wie eine Mischung aus zu groß geratener Viola und zu kleinem Violoncello aussieht, gegen eine vergleichsweise winzig aussehende Violine. Dann verzaubert er mit virtuosem Pizzicato bei Fritz Kreislers "Sarabande" aus dessen 4. Symphonie - ein weiteres Mal. Es zeigt in wenigen Minuten die hohe musikalische Klasse, die in den knapp zwei Stunden am Mittwochabend im Teo Otto Theater geboten wird.
Es ist ein sehr gefälliges - im besten Wortsinne - Programm, das sich die Symphoniker unter der Leitung ihres Chefs Peter Kuhn für das achte große Konzert dieser Spielzeit ausgesucht haben. Eines, das unter dem selbstverpflichtenden Titel "Gipfelblick" steht. Und es sind drei echte kompositorische "Gipfelstürmer", die geboten werden. Neben Joseph Haydn stehen die erste Orchestersuite von Johann Sebastian Bach und die wohl berühmteste Symphonie Wolfgang Amadeus Mozarts, die Jupiter-Symphonie, auf dem Programm. Gefällig ist daran jedoch letztlich nur die Tatsache, dass die Komponisten zum einen bekannt sind und eben mit ihrer Musik echte Gipfel erschaffen haben.
Daraus zu schließen, dass gefällig mit leicht oder gar dahinplätschernd gleichzusetzen wäre, ist verkehrt. Schon zu Beginn, bei Bachs Orchestersuite, wird deutlich, dass die Symphoniker hier gefordert sind. Bachs bekannte mathematische Präzision setzt das Orchester perfekt um. Besonders deutlich wird das im zurückhaltend-sanften Menuett, als die Harmonien wie mit dem Diamantschneider seziert präsentiert werden. Ebenfalls ein wunderbarer Wegepunkt auf dem Weg zum ersten Gipfel ist das solistische Spiel des Fagotts, dem Bach viel Raum eingeräumt hat.
Haydns Cellokonzert ist dann ebenfalls ein Gipfel mit Fernsicht. Sergey Malov zelebriert sein Spiel auf der historischen Cello-Variante in bester Teufelsgeiger-Manier. Optisch, aber auch musikalisch mit der Virtuosität im Spiel auf den fünf Saiten, das vor allem in den Kadenzen, in denen er sogar Bachs Orchestersuite zitiert, seine Höhepunkte findet. Völlig zurecht bekommen Symphoniker und Solist nach dem Ende des dritten Satzes großer Applaus.
Der dritte Gipfel des Abends bildet das österreichische Wunderkind Mozart. Seine typische Verspieltheit bildet einen wunderbaren Kontrapunkt zur Strenge Bachs. Die Symphoniker sind jetzt in großer Besetzung auf der Bühne, was den Klangkörper entsprechend wuchtiger macht. Gerade dann, wenn das Orchester alle Register zieht und eine enorme Strahlkraft entwickelt, kann man sich Göttervater Jupiter wunderbar vorstellen, wie er da auf dem höchsten Gipfel sitzt und wohlwollend auf die Welt blickt.
Aber auch die Zuhörer sind angekommen, genießen im letzten, brillanten Schlussakkord den "Gipfelblick", während Mozarts tonale Abendsonne die Klanglandschaft in ein herrliches Alpenglühen taucht. Ein besseres Motto hätten sich die Symphoniker nicht aussuchen können.