Fußball Tumulte bei FCR-Versammlung

Aus formalen Gründen brach der Vorstand des FC Remscheid die gestrige Mitgliederversammlung ab: Die Einladung war nicht fristgerecht veröffentlicht worden. Daraufhin schaukelten sich Emotionen hoch. Mitglieder sammelten Unterschriften für eine außerordentliche Sitzung.

Elmar Steil ist eingefleischter Schalke-Fan und parallel seit 60 Jahren beim FC Remscheid und seinen Vorgängervereinen dabei. "Aber so etwas hab' ich noch nicht erlebt", staunte er gestern, "noch nicht mal bei S04." Tatsächlich endete die gestrige Mitgliederversammlung des Niederrheinligisten wie in der Vergangenheit viele Sitzungen des Ruhrpott-Klubs: tumultartig und ergebnislos. Die eigentlich geplante Abwahl des jetzigen und die Wahl eines neuen Vorstandes scheiterte beim FCR bereits im Ansatz. "Bei der Einladung sind vorgeschriebene Formen und Fristen versäumt worden", sagte der amtierende Präsident Dirk Schüttrumpf. Er schloss nach kaum einer Viertelstunde den offiziellen Teil der Versammlung, "weil wir nichts beschließen können, was nicht anfechtbar wäre".

Beinahe Handgreiflichkeiten

Was folgte, waren Szenen, die mit Unmutsäußerungen nur unzureichend beschrieben sind: Es wurde geschrieen, es wurde gepöbelt, es wurde mit Klagen gedroht. Und als Schüttrumpf und sein Stellvertreter Hartmut Gose schließlich den Saal verließen, drohten sogar Handgreiflichkeiten durch aufgebrachte Mitglieder.

Der Zorn der 83 stimmberechtigten Mitglieder, die ins Mercure-Hotel gekommen waren, entzündete sich vor allem daran, dass der Vorstand im Wissen um den begangenen Formfehler, der unstrittig war und auch von Notar Dr. Hans Kind sachlich bestätigt wurde, dennoch zur Zusammenkunft gebeten und sie nicht frühzeitig abgesagt hatte. "Ich fühle mich von ihnen verarscht", warf ein Mitglied dem Führungs-Trio vor, von dem sich der zweite Vize, Heiner Düssel, vorzeitig absetzte und den Saal sichtlich aufgewühlt verließ.

Dass man nicht bereits vor Wochen die Sitzung abgesagt und gegebenenfalls neu terminiert habe, erläuterte Schatzmeister Gose dem Plenum so: "Wir haben die Versammlung bewusst stattfinden lassen, um den Mitgliedern aufzuzeigen, dass im Verein die Dinge nicht laufen, wie sie laufen müssen." Vielmehr sei das aktuelle Versäumnis nur ein weiteres Beispiel dafür, wie sich "bestimmte Personen" in die Klub-Belange einmischten und eine geregelte Vorstandsarbeit torpedierten. Als Gose aufgefordert wurde, Ross und Reiter zu nenne, fiel der Name von Ehrenpräsident Bernd Koch, der daraufhin mit einer Klage drohte.

Dem wiederholt aus dem Plenum und von erbosten Rednern geforderten sofortigen Rücktritt des aktuellen Vorstands kamen Schüttrumpf, Gose und Düssel nicht nach. Vielmehr erklärte Schüttrumpf: "Wir werden uns darum kümmern baldmöglichst einen neuen Versammlungs-Termin zu finden." Wenn Dieter Maar, wie geplant, den FCR künftig führen solle, "dann wollen wir ihm die Gelegenheit bieten, unter vernünftigen Verhältnissen und satzungsgemäß gewählt zu werden."

Für Erstaunen sorgte dabei eine lose Blattsammlung, die Schüttrumpf hochhielt und erklärte: "Wir haben hier fünf Wahlvorschläge von Bewerbern fürs Präsidentenamt." Was bedeuten würde, dass Dieter Maar – falls er immer noch kandidieren will – unter Umständen mit Gegenkandidaten zu rechnen hätte.

Mannschaft droht Streik an

Blieben viele andere Vorwürfe nebulös, so wurde die nahezu vollständig erschienene erste Mannschaft deutlicher. Vor allem Nico Reckert. Er warf dem aktuellen Vorstand vor, Versprechen gebrochen zu haben. Unter anderem habe es unpünktliche Zahlungen gegeben, Ende letzten Jahres sei "zehn Wochen gar kein Geld" geflossen. "Im Namen der Mannschaft" erklärte der Abwehrspieler mit Blick auf Dieter Maar: "Die Retter sitzen hier vorne im Saal, aber der Weg wird für sie nicht frei gemacht. Das ist schäbig. Wir werden unter dem aktuellen Vorstand nicht mehr spielen."

Der vorläufige Schlussakkord erklang, als der aktuelle Vorstand schon nicht mehr im Saal war. Da rief Ehrenpräsident Bernd Koch ("Das Ganze ist eine Lachnummer. Der Verein wird auf diese Weise gefährdet") die Mitglieder zu einer spontanen Unterschriftensammlung auf. Mit ihr soll bereits heute per Einschreiben eine neue, außerordentliche Mitgliederversammlung beantragt werden.

Da war es 20.41 Uhr. Und Elmar Steil dachte daran, dass Schalke heute im Vergleich zum FCR ein Hort der Harmonie ist.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort