Remscheid Dachdecker im Aufwind

Fast zwei Monate nach Orkan „Kyrill“ haben die Handwerker im Bergischen Land mit der Beseitigung der Sturmschäden immer noch gut zu tun. Liefer- und Personalengpässe sorgen für Wartezeiten.

Bergisches Land Wer zurzeit an seinem Dach ein paar Schönheitsreparaturen durchführen lassen will, muss sich gedulden. Orkan „Kyrill“, der am 18. Januar über die Region hinweg fegte, sorgt bei den Dachdeckern immer noch für volle Auftragsbücher – und bei den Kunden für längere Wartezeiten: Drei Monate wird ausharren müssen, wer keinen Notfall hat und die Dienste von Jürgen Welp, Obermeister der Remscheider Dachdecker-Innung, und seinen Mitarbeitern in Anspruch nehmen will.

Die Situation in seinem Betrieb ist typisch für die gesamte Branche: Orkan „Kyrill“ hat Dächer und Kaminhauben abgedeckt, Dachfirste, Gesimse und Fassaden beschädigt. Mehr als 200 Schadensmeldungen waren unmittelbar nach dem Sturm bei Jürgen Welp eingegangen. Notfälle versorgten die Handwerker sofort. Die ersten 14 Tage war er mit der provisorischen Abdichtung beschäftigt, dann arbeiteten er und seine sechs Beschäftigten die Aufträge nach Dringlichkeit ab. Immer noch haben sie genügend mit den Dächern zu tun, „zu den Schäden an den Schieferwänden sind wir noch gar nicht gekommen“.

Schäden in Höhe von 450 000 Euro

Ähnliches berichtet auch Rainer Krapp, Obermeister der Dachdecker-Innung Oberberg. Seinem Radevormwalder Betrieb wurden nach dem Sturm Schäden im Gesamtwert von 450 000 Euro gemeldet. „Wenn wir nur sie abarbeiten würden, hätten wir drei bis vier Monate zu tun“, erläutert er.

Doch nicht nur die Flut der Aufträge sorgt für Wartezeiten, auf die die Kunden teils ungehalten reagieren. Zu Engpässen führen auch Lieferschwierigkeiten der Baustoffhandlungen. Vor vier Wochen habe er Folie für Flachdächer bestellt, sagt Krapp, eingetroffen sei sie noch immer nicht. Auch Well-Eternitplatten und spezielle Ziegel seien nur schwer zu bekommen. „Das geht teilweise zu wie nach dem Krieg“, sagt Remscheids Innungs-Obermeister Jürgen Welp (67).

Der Boom trifft zudem eine Branche, die sich in den vergangenen Jahren aufgrund der Konjunkturflaute kleiner setzen musste. Der Betrieb von Jürgen Welp zählte einst zehn Mitarbeiter, jetzt nur noch sechs. Rainer Krapp hatte zu Spitzenzeiten zwölf Beschäftigte, zurzeit sind es acht. Seit Mitte vergangenen Jahres zieht die Konjunktur endlich wieder an. Qualifizierter Nachwuchs wird händeringend gesucht, ist jedoch nur schwer zu bekommen. Somit bildet auch der Personalmangel einen Engpass. Rainer Krapp hofft jedoch auf das Verständnis der Kunden und appelliert an die Verbraucher, ausschließlich Fachbetriebe und keine Billig-Anbieter zu beauftragen, die zurzeit von Tür zu Tür wandern. Sonst sei der Schaden am Ende womöglich noch größer.

Bilder von Orkan „Kyrill“ und seinen Folgen sind zu sehen unter www.rp-online.de/bergischesland

(RP)
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