Marihuana-Plantagen in Remscheid So arbeitet die albanische Drogenmafia

Remscheid · Deshalb sprießen die Drogenplantagen. Die „Gärtner“ werden von den Clans geopfert. Dennoch schweigen die Männer, die der Polizei ins Netz gehen.

 Einsatz in Hasten Ende August: Polizei und Technisches Hilfswerk trugen die Marihuanapflanzen vor die Tür des unscheinbaren Einfamilienhauses.

Einsatz in Hasten Ende August: Polizei und Technisches Hilfswerk trugen die Marihuanapflanzen vor die Tür des unscheinbaren Einfamilienhauses.

Foto: Tim Oelbermann

Die Klamotten stinken, die Haare, der ganze Körper. Der Geruch, den die Hanfpflanzen verströmen, können die Männer des Technischen Hilfswerkes (THW) noch Tage später riechen. Es ist eine klebrige Melange aus Erde und Gewürzen, süß und sauer. Und der Geruch wird umso intensiver, je älter die Marihuanapflanze wird. Sie abzuräumen und in die Verbrennung zu fahren, ist deshalb keine angenehme Aufgabe für die technischen Helfer aus Remscheid.

Im Gegenteil. „Es ist wirklich unangenehm“, sagt Christoph Rühl, THW-Ortsbeauftragter und Chef der 85 Einsatzkräfte, die von Remscheid aus ihren Dienst tun. Eigentlich sind sie Experten für die Bergung verschütteter Menschen und die Absicherung einsturzgefährdeter Gebäude nach Erdbeben. Doch die Fälle, in denen die Polizei nach Drogenfunden ihre Hilfe braucht, häufen sich.

Drei Plantagen haben die Drogenfahnder in den vergangenen Monaten in Remscheid abgeräumt. Der jüngste Fund war der Größte. In einem unscheinbar wirkenden Einfamilienhaus in der Büchelstraße fanden sie Ende August mehrere Hundert Pflanzen verteilt auf mehreren Etagen. Im Juni waren die Beamten nach Hinweisen auf zwei Anpflanzungen an der Alleestraße gestoßen. In leerstehenden Geschäftsräumen gediehen jeweils mehr als 350 Pflanzen. Drei Männer landeten in Untersuchungshaft: zwei Albaner und ein Türke.

Die Häufung hat einen einfachen Grund. „Die Plantagen, die auf der Alleestraße und in Hasten gefunden worden sind, gehen mit großer Wahrscheinlichkeit auf die albanische Mafia zurück“, erklärt Dietmar Kneib, bis Ende August Leitender Kriminaldirektor und Chef der Kripo im Bergische.

Die organisierte Kriminalität auf dem Balkanland hat sich bereits vor Jahren auf den Drogenanbau spezialisiert. Und die Kriminellen haben dazugelernt. Statt die Drogen in Albanien anzubauen und dann über mehrere europäische Ländergrenzen nach Deutschland zu schmuggeln, bauen sie das Marihuana gleich vor Ort an. Leerstände finden sie im Bergischen genug. Strohmänner mieten die Räume an, anschließend wird gegärtnert.

Dabei verfügen die Männer, die neben den Pflanzen auf der Plantage leben, nicht nur über einen grünen Daumen, sondern auch über technisches Geschick und zapfen den Strom vor dem nächsten Zähler an.

Wegen ihres riesigen Strom- und Wasserverbrauchs und weil der intensive Geruch der Pflanzen den Nachbarn irgendwann in die Nase weht, werden die Plantagen irgendwann dennoch entdeckt. „Das macht aber nichts“, sagt Ex-Kripochef Kneib: „Bis die Plantage auffliegt, haben die Clans bereits so viel Geld daran verdient, dass sich der Aufwand rechnet.“ Und die Männer, die von der Polizei festgenommen werden? „Sind sozusagen Kollateralschäden.“

Die zwei Albaner (41 und 22 Jahre alt), die die Polizei in der Büchelstraße festnahm, vegetierten mit den stinkenden Pflanzen unter unwürdigsten Bedingungen in dem Einfamilienhaus. Ihr Lager war schmutzig, die Kochplatte verdreckt, überall lagen Abfälle.

„Diese Leute glauben an das schnelle Geld“, sagt der Wuppertaler Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert. Tatsächlich sind sie nur die Handlanger, die für die Drogenbosse im Hintergrund die Schmutzarbeit verrichten und geopfert werden, sobald die Plantage auffliegt.

Die Kooperationsbereitschaft der Männer mit den Strafverfolgungsbehörden in Deutschland hält sich dennoch in engen Grenzen. Alle Männer, die aktuell in Untersuchungshaft sitzen, schweigen zu den Vorwürfen. Gegen die Drei von der Alleestraße hat die Staatsanwaltschaft unterdessen Anklage erhoben. An die Hintermänner gelangten die Ermittler bislang nicht.

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