Serie Mein Remscheid Bökerhöhe – Auf Du und Du mit den Nachbarn

Remscheid · Die Siedlung Bökerhöhe wurde vom Ingenieur Moritz Böker für die Mitarbeiter der Bergischen Stahlindustrie AG gegründet. Heute wohnen hier rund 600 Menschen, der Zusammenhalt in der Siedlung ist sehr eng.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Vorne rauscht der Verkehr auf der Neuenkamper Straße vorbei. Einige hundert Meter weiter hinten bekommt man davon auf der Bökerhöhe gar nichts mit. Eine Straße führt über eine Brücke über die Bahngleise in das Stadtviertel hinein, als erstes kommt der Elisabethplatz in Sicht. Auf dem kleinen Platz, in dessen Mitte sich einige große Bäume auf einer Grasfläche befinden, hat sich in früheren Jahren das Siedlungsleben abgespielt.

Werner und Ingrid Ballsieper können sich daran noch erinnern. Sie wohnen seit über 40 Jahren auf der Bökerhöhe. Seit einer Zeit also, in der noch 75 Prozent der Anwohner Mitglieder der Bergischen Stahlindustrie AG gewesen sein mussten, um dort überhaupt wohnen zu können. „Das Viertel wurde von Moritz Böker, einem Remscheider Ingenieur und Direktor der Bergischen Stahlindustrie, nach dem Ersten Weltkrieg quasi begründet“, sagt Werner Ballsieper. Der Vater seiner Frau habe so 1974 ein Haus am Elisabethplatz kaufen können. „Der Platz ist nach Bökers Frau Elisabeth benannt“, sagt der 67-Jährige.

Auf der Bökerhöhe gibt es lediglich zwei Straßen – die Damaschkestraße und die Doddestraße. „Damaschke war ein Lehrer und Bodenreformer, der dafür sorgte, dass das Land in den Händen seiner Besitzer blieb. Dodde war ein Mönch, der in der Schlacht von Worringen im Jahr 1288 auf der Seite der Bergischen Bauern gegen den Kölner Erzbischof gekämpft hat“, erzählt Werner Ballsieper. In den beiden Straßen wohnen rund 600 Menschen in etwa 200 Haushalten. Man organisiert sich in einem Siedlungsverein, der in seinen Ursprüngen etwa so alt ist wie die Siedlung selbst. „Gegründet wurde der Verein 1921, heute zählen wir etwa 200 Mitglieder“, sagt Ingrid Ballsieper.

So ruhig und friedlich – gerade im Gegensatz zur nahen Neuenkamper Straße – die Bökerhöhe auch wirkt, so rührig sind die Siedlungsvereinsmitglieder. „Unser alljährliches Sommerfest ist eine große Sause mit Band und Rahmenprogramm. Früher fand es am Elisabethplatz statt, heute rund um den Spielplatz am Ortseingang“, sagt Werner Ballsieper. Freitag bis Sonntag wird gefeiert, die Straßen sind mit bunten Fähnchen schön geschmückt.

Aber auch sonst hat sich auf der Bökerhöhe eine enge Siedlungsgemeinschaft gebildet. „Wir feiern Feste für Kinder bis zu den Senioren“, sagt die 65-jährige, die sich nicht vorstellen kann, jemals woanders zu wohnen. „Klar macht man sich Gedanken übers Alter. Entweder gibt es dann auf der Bökerhöhe ein Altersheim, oder ich brauche häusliche Pflege“, sagt Ingrid Ballsieper und lacht. Sie ergänzt ganz überzeugt: „Ich will hier nicht mehr weg.“ Denn nicht nur werde zusammen gefeiert, man sei auch füreinander da. „Man duzt sich, spricht sich gegenseitig an und sagt, wenn man Hilfe braucht oder hilft auch selbst aus. Das ist hier ganz selbstverständlich“, sagt Ingrid Ballsieper.

Neben dem großen Fest wird auf der Bökerhöhe auch Kinderkarneval gefeiert, es gibt eine Osterfeier, einen Martinsumzug, Seniorenausflüge und -weihnachtsfeiern, kulinarische Abende oder auch einzelne Straßenfeste. Und es gibt ein Siedlungshaus, das jeden Freitagabend von 20 bis 24 Uhr geöffnet hat und ehrenamtlich betrieben wird. „Im ‚Torbogen’ kann gemütlich etwas getrunken oder Dart gespielt werden. Vereinsmitglieder können das Haus auch für private Feiern mieten“, sagt Werner Ballsieper.

Bei einer solch engen nachbarschaftlichen Beziehung könnte man annehmen, dass die Anwohner schon alle alteingesessen sind. Ingrid Ballsieper betont aber, dass auch der Nachwuchs in der Siedlung lebendig ist. „Es gibt hier ganz viele junge Familien, die hier hergezogen sind. Das sieht man auch an den zahlreichen Veranstaltungen für Kinder über das Jahr“, sagt Ingrid Ballsieper. Und man könne das auch beim Martinssingen merken, ergänzt die 65-Jährige schmunzelnd: „Ich habe meistens zu wenige Süßigkeiten ...“

Wie eng und prägend es sein kann, auf der Bökerhöhe aufzuwachsen, können Werner und Ingrid Ballsieper an der eigenen Familie nachvollziehen. „Unsere Tochter ist etwa in den Siedlungsverein eingetreten – und das, obwohl sie mit ihrer Familie mittlerweile in Lüttringhausen wohnt“, sagt Ingrid Ballsieper. Ihr Mann ergänzt: „Sie macht aber mit ihren Kindern hier bei so vielen Veranstaltungen über das Jahr verteilt mit, dass sie das einfach für sinnvoll erachtet hat.“

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