Remscheid Satirische Traumreise in die Hölle

Remscheid · Die Titanic-Boygroup gab die vorletzte Vorstellung ihrer Laufbahn in der Klosterkirche. Schonungslos, frech, böse.

 Die "Boygroup" kennt kein Pardon - Oliver Maria Schmitt, Martin Sonneborn und Thomas Gsella auf der Bühne der Klosterkirche.

Die "Boygroup" kennt kein Pardon - Oliver Maria Schmitt, Martin Sonneborn und Thomas Gsella auf der Bühne der Klosterkirche.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Seine Träume soll der Mensch nie aufgeben. "Es war schon immer mein geheimster Wunschtraum, im Rahmen einer Traumreise in die Hölle meinen Geburtstag in Remscheid-Lennep zu feiern." Diesen "geheimsten Wunschtraum" des ehemaligen Titanic-Chefredakteurs Oliver Maria Schmitt erfüllte endlich eine gute Fee in der Hölle. Am Montagabend trat er zusammen mit seinen beiden Kollegen der "Titanic Boygroup" - Martin Sonneborn und Thomas Gsella - in der Klosterkirche auf. Es war der vorletzte Termin ihrer seit Langem bereits laufenden Abschiedstournee.

Schmitt freute sich wie ein Schneekönig: "Nun wird mein Wunschtraum tatsächlich erfüllt. Das ist nicht zu toppen, danach kann eigentlich nichts mehr kommen." Es ist anzunehmen, dass auch die von dieser außergewöhnlichen "Boygroup" auf die Schippe genommenen Politiker und andere Promis sich freuen werden. Vielleicht hoffen sie, endlich Ruhe zu haben vor diesen herrlich böszüngigen, provokanten, polemischen, fernab jeglicher Fremdschämerei agierenden Satirikern, die mit brutaler Offenheit den Teufel an die Wand malen - inklusive ihrer selbst. Sie bezeichnen sich als "drei Männer - drei gescheiterte Existenzen", die ihr Ziel, "die Weltherrschaft", nicht erreicht haben. Trotzdem: Ihre Jünger strömten in die Klosterkirche, vielen Besuchern stand bereits am Eingang ein Feixen ins Gesicht geschrieben. Wer jemals eine Ausgabe des Satireblatts "Titanic" gelesen hatte, wusste, was auf ihn zukam: rotzfreche Falschmeldungen mit bösem, wahren Kern, schockierende "Fotos" und bis zur Schmerzgrenze überzeichnete Tatsachen. Zu "undichte Stellen im Vatikan", den "VatiLeaks", zeigten sie etwa ein Bild des Papstes mit besudelter Soutane oder ließen eine barbusige Angela Merkel mit "nackter Gewalt den Islamischen Staat zerstören".

Der real existierende Europavertreter und Bundesvorsitzender der echten politischen "Partei" (Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative), Martin Sonneborn, plauderte aus seiner Arbeit im Europäischen Parlament ("Ich muss monatlich 33 000 Euro ausgeben"). Ganz der Europaabgeordnete war er "wegen der Reisekosten mit 0,50 Euro/Kilometer aus Brüssel gekommen".

Thomas Gsella hatte in Aschaffenburg eine Initiativ-Gruppe fürs Lenneper DOC (Deppen Outlet Center) gegründet und las - zum Schreien komisch - aus seinem Buch "So werde ich Heribert Faßbender" vor.

Das Publikum reagierte gefasst, nicht mit euphorischem Beifall, dafür aber mit jene hintergründigen Gelächter, das zu hören ist, wenn man sich über andere lustig macht. Schmitts geheimster Wunsch dürfte sich hinreichend erfüllt haben.

(begei)
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