Postboten in Remscheid „Bürojob käme für mich nicht infrage“

Remscheid · Der 39-jährige Sebastian Pohl liebt seinen Job als Postzusteller in Alt-Remscheid und Hasten, der mitunter auch auch kuriose Erlebnisse bereithält.

 Stets ein Lächeln im Gesicht und auch sonst eigentlich immer gute Laune: Sebastian Pohl, Briefzusteller in Alt-Remscheid. Er kennt die meisten Anwohner seiner „Reviere“ und deren Gewohnheiten häufig ziemlich gut.

Stets ein Lächeln im Gesicht und auch sonst eigentlich immer gute Laune: Sebastian Pohl, Briefzusteller in Alt-Remscheid. Er kennt die meisten Anwohner seiner „Reviere“ und deren Gewohnheiten häufig ziemlich gut.

Foto: Jürgen Moll

Die graue Wollmütze hat er tief ins Gesicht gezogen, den Kragen seiner blau-gelben wasserabweisenden Arbeitsjacke hochgeklappt – für Sebastian Pohl ist der Regen an diesem Vormittag so gerüstet überhaupt kein Problem. „Die Sturmtage vor einigen Wochen waren echt unangenehm, aber dieses Wetter heute macht mir eigentlich gar nix, das ist Alltag für mich.“

Seit 24 Jahren arbeitet der 39-Jährige als Briefzusteller bei der Post, seine fünf unterschiedlichen Touren in Alt-Remscheid und Hasten kennt er nahezu im Schlaf. Heute ist er unter anderem entlang der Heidmannstraße unterwegs. Teilweise weiß man nahezu alles über die Leute“, erzählt er lachend, „manchmal fast mehr als einem lieb ist. Wer mit wem – halt solche Sachen.“

Der gebürtige Leipziger schellt an einer Klingel in einem Mehrparteienhaus, hier muss er ein Päckchen zustellen. Aber niemand öffnet. „Er bekommt dann eine Karte, auf der steht, wo er das Päckchen abholen kann“, erklärt Sebastian Pohl und schmeißt diese in den Briefkastenschlitz. Dass er nicht bei den anderen Mietern klingelt, hat einen nachvollziehbaren Grund. „Ich weiß genau, in welchem Haus wer Pakete für Nachbarn annimmt oder auch nicht. Manche wollen das einfach nicht und es gibt tatsächlich auch Menschen, die das nicht nur ablehnen, sondern auch richtig aggressiv auf solche Anfragen reagieren.“

Zu körperlichen Auseinandersetzungen sei es deshalb aber noch nie gekommen. „Dafür vergreifen sich manche im Ton, da weise ich dann aber auch klar darauf hin, dass ich so nicht mit mir reden lasse.“ In solchen Fällen, wenn sie auch selten sind, versucht der Briefzusteller immer erstmal deeskalierend zu handeln und zu beschwichtigen. Sollte das nicht möglich sein, haben Pohl und seine Kollegen die Möglichkeit, einen Qualitätsmanager einzuschalten. Dessen Funktion ist es, bei schwierigen Kunden oder Sachverhalten zu vermitteln.

„Wenn zum Beispiel ein Briefausträger regelmäßig über einen Hof muss, auf dem sich ein aggressiver Hund befindet und der Halter sich nicht einsichtig zeigt, wird der Qualitätsmanager das Gespräch suchen“, erklärt Britta Töllner von der Pressestelle der Deutschen Post, „findet sich auch hier keine Lösung, wird der Postbote dort die Post nicht mehr zustellen, sondern der Kunde muss sie zum Beispiel in einer Postfiliale abholen.“

Briefzusteller Sebastian Pohl nickt. „Die allermeisten Menschen aber sind sehr freundlich“, betont es und begrüßt zwei Bewohner, die gerade das Haus verlassen. Er wechsele gerne das ein oder andere Wort mit den Kunden, auch ein kleiner Flirt sei da schon mal drin, fügt er grinsend hinzu, aber eindeutige Einladung von alleinstehenden Damen, das habe er noch nicht erlebt, zumindest keine, die ihm gegolten hätten. „Ich erinnere mich aber an ein Erlebnis, als ich als Auszubildender mal einen Kollegen vertreten musste. Da habe ich dann an einer Wohnungstür geschellt, weil ich dort etwas abgeben musste. Und da stand eine Frau im durchsichtigen Negligé vor mir und guckte ziemlich irritiert“, erzählt Sebastian Pohl grinsend, „sie hatte wohl den Kollegen erwartet.“

Auch nach den vielen Berufsjahren hat der gebürtige Sachse noch längst nicht genug von seinem Job. „Ich kann mir vorstellen, dass bis zu meiner Rente zu machen“, sagt er und muss jetzt Briefe und Päckchen nachladen. „Es passt ja längst nicht alles in eine Postkarre, daher haben wir speziellen Stellen in unseren Gebieten, an die unsere Fahrer die Zustellungen bringen, die wir bei der ersten Fuhre morgens nicht mitnehmen konnten.“

Der Postangestellte schaut gen Himmel, die Sonne scheint, trotzdem ist es nach wie vor recht frisch. „Man muss einfach grundsätzlich gerne draußen sein, an der frischen Luft und nicht so empflindlich, sonst kann man diesen Job nicht machen. Und man muss die Menschen mögen. Ich liebe diese Abwechselung, ich kann mir etwa einen Bürojob überhaupt nicht vorstellen.“

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