Kritik in Remscheid Ehrenamtliche Helfer sehen Barrieren für Integration

Remscheid · Zu hohe Anforderungen in den Sprachkursen und in der Berufsschule verhindern eine bessere Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Gruppe von Ehrenamtlichen, die sich in Remscheid seit einigen Jahren in der Flüchtlingshilfe engagiert.

 Sie treffen sich regelmäßig im Übergangsheim in der Wülfingstraße in Lennep und tauschen sich aus: Michaela Peters, Anne Hesse, Sohail Zabihi, Doris Werscheid, Reinhild Bartolomay, Monika Hörper, Martin Halbach und Ursula Wilms.

Sie treffen sich regelmäßig im Übergangsheim in der Wülfingstraße in Lennep und tauschen sich aus: Michaela Peters, Anne Hesse, Sohail Zabihi, Doris Werscheid, Reinhild Bartolomay, Monika Hörper, Martin Halbach und Ursula Wilms.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Sie wünschen sich einen einfacheren Zugang zum Arbeitsmarkt und Lehrmaterialien, die besser auf das Bildungsniveau der Menschen abgestimmt sind.

„Die Menschen wollen arbeiten und ihren Lebensunterhalt selbstständig verdienen“, sagt Ursula Wilms bei einem Gespräch mit unserer Zeitung im Übergangsheim an der Lenneper Wülfingstraße. In einem Büro in der ersten Etage tauschen sich die Ehrenamtler regelmäßig aus. Dass den Menschen der Familiennachzug zum Teil wichtiger sei als die Jobsuche, wie es kürzlich in einer Antwort des Jobcenters auf eine Anfrage der Fraktion Die Linke heißt, können sie aus ihrer Erfahrung nicht bestätigen.

Alle helfer können dagegen aus ihrer täglichen Arbeit Beispiele von Barrieren liefern, die die Integration erschweren. Etwa die von einem Flüchtling aus Syrien, der in seiner Heimat als Bäcker arbeitete. Das könne er sicher auch hier tun, sagt Martin Halbach, der den Mann betreut. Doch dafür müssen zunächst Sprachkurse bestanden werden, die ein zu hohes Niveau verlangen. Die Frage etwa nach dem Possessivpronomen in einem Arbeitsbuch überfordere seinen Schützling jedenfalls total, sagt Halbach. Anne Menke berichtet von zwei Jugendlichen, die eine Ausbildungsstelle hatten, ihre Lehre aber abbrachen, weil sie in der Berufsschule nicht mehr mitkamen. Ihnen fehlten die Sprachkenntnisse, um die Aufgaben zu verstehen.

Oft sind die Geflüchteten Analphabeten. Vor diesem Hintergrund brauche es andere Lehrmaterialien als jene, die aktuell in den Sprach- und Integrationskursen zur Anwendung kommen, sagt Ursula Wilms. Als Beispiel zeigt sie ein Arbeitsbuch eines renommierten Schulbuchverlages, das ohne jedes Vokabel-Verzeichnis auskommt und dem zum Lernen eine CD-ROM beigelegt wurde. Einen Computer, um diese zu nutzen, besitze aber kein Geflüchteter, sagt Wilms.

Alle haben dagegen ein Handy, um mit der Heimat in Kontakt zu bleiben. Ihr Vorschlag daher: Warum gibt es keine App für das Mobiltelefon, mit der die Menschen Deutsch lernen können? Und warum sind die Themen, mit denen die deutsche Sprache vermittelt werden soll, zum Teil so weit von der Lebenswirklichkeit der Menschen entfernt? Zu berichten wissen die Ehrenamtler auch von Qualitätsunterschieden bei den Anbietern der Sprachkurse. Je nach Träger würden dort Lehrer eingesetzt, die offenbar selber nicht völlig sicher den Umgang mit der deutschen Sprache beherrschen.

Mit der Idee der Lern-App und anderen konkreten Verbesserungs-Vorschlägen haben sich die Ehrenamtlichen vor einiger Zeit an die Politik und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gewandt. Bislang allerdings ohne Rückmeldung. Bereits im Gespräch vor Ort habe ein Landtagsabgeordneter der Idee, eine Art „Kleinen Gesellenbrief“ für Migranten einzuführen, eine deutliche Absage erteilt, berichtet Halbach.

Bremsen lassen will sich die Gruppe von diesen Rückschlägen aber nicht. Die Arbeit macht Ihnen Freude, „und gibt uns was zurück“, sagt Anne Hesse. Und alle sind überzeugt: Die Arbeitskraft der Flüchtlinge ist eine „wichtige Ressource“, die es zu fördern gilt.

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