Remscheider Förster mahnt Käferinvasion im bergischen Wald?

Der Sommer nimmt kein Ende. Für den Remscheider Wald kann er in einer Katastrophe enden.

 Schädlinge bedrohen den Wald, darunter der Borkenkäfer.

Schädlinge bedrohen den Wald, darunter der Borkenkäfer.

Foto: dpa/Matthias Hiekel

Volker Leipzig hat einen märchenhaften Arbeitsplatz. Oberhalb der Neyetalsperre zwischen Radevormwald und Wipperfürth liegt sein Forsthaus inmitten dunkler Wälder. Doch der Förster in Diensten der Stadt Remscheid prophezeit den Fichten, Buchen und Eichen in seinem Revier alles andere als eine märchenhafte Zukunft. „Wir stehen vor der größten Borkenkäfer-Katastrophe, die wir je erlebt haben“, sagt Volker Leipzig – und kann der kommenden Kalamität doch nur zusehen.

Die ist eine Folge des Sommers, der auch im Oktober noch nicht enden will. Was die Menschen freut, setzt den Bäumen weiter zu. Am Dienstagnachmittag kam es in Lüttringhausen erneut zu einem Feuer. Auf einer Fläche von 100 Quadratmetern war zwischen Clemenshammer und Grund Unterholz in Brand geraten. Der Waldboden ist bis in eine Tiefe von 30 Zentimeter und mehr staubtrocken. Die Feuerwehr warnt deshalb: Offenes Feuer im Wald ist verboten.

Die andere Bedrohung, die von der anderen Trockenheit ausgeht, lässt sich nicht so leicht abwenden. Der Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen warnt vor einer „bislang nicht vorgekommenen Borkenkäferpopulationsdichte“. Die Schädlinge haben leichtes Spiel. Im Trockenstress, dem die Fichten, zwischen April und August ausgesetzt waren, stellten sie ihre Harzproduktion nahezu ein. Damit brach die natürlich Abwehr gegen die Eindringlinge zusammen. Im August schätzten die Förster in ihrer jährlichen Momentaufnahme die Käferdichte und kamen zu einem alarmierenden Ergebnis.

Nach vorsichtiger Schätzung kommt ein Borkenkäferweibchen auf 100.000 Nachkommen pro Jahr. Danach würde sich für 2019 eine potenzielle Nachkommenschaft von 1,5 Milliarden Käfern ergeben – pro Baum.

Normalerweise sorgen die Forstleute deshalb im Herbst dafür, dass zuallererst die Fichten abgesägt und aus dem Wald gefahren werden, die von den Käfern mit den Namen Buchdrucker und Kupferstecher befallen sind. Das Problem im Herbst 2018: „Der Holzmarkt ist nahezu zusammengebrochen“, sagt Volker Leipzig. Vielerorts in Europa war es heiß und trocken, vielerorts fällt deshalb Holz minderer Qualität an, das normalerweise in Holzschnitzel oder auch zu Spanplatten verarbeitet wird. Die Folge: Zwar können die Forstarbeiter die befallenen Bäume fällen. „Wir bekommen sie aber nicht aus dem Wald heraus“, sagt Volker Leipzig. Buchdrucker und Kupferstecher können sich deshalb ungehindert vermehren.

Und nicht nur sie, sagt Förster Leipzig. Der Eichenprachtkäfer liebe ebenfalls das warme Wetter. Nach der Fichte, Brotbaum des Waldbauern im Bergischen Land, drohe deshalb auch Eiche und Buche eine düstere Zukunft.

Waldbauern und Förster hoffen deshalb auf einen milden, feuchten Winter. Nicht auf einen frostreichen, denn der Borkenkäfer überlebt auch Temperaturen von bis zu minus 10 Grad. Dauerhaften Landregen wünschen sie sich stattdessen.

Geht es nach Volker Leipzig, ziehen in den kommenden Wochen deshalb dicke, regenschwere Wolken über seinem Forsthaus an der Neyetalsperre auf. Ein Pilz unter der Borke mache den gefräßigen Käfern dann den Garaus. Und die Geschichte nähme wie im Märchen dann schließlich doch noch ein gutes Ende.

(Boll)
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