Ausbildungsmarkt in Remscheid Jugendliche wollen sich nicht mehr entscheiden
Remscheid · Auf dem Ausbildungsmarkt in Remscheid kommen auf aktuell 232 unbesetzte Stellen gerade einmal 97 unversorgte Jugendliche, die sich bei der Arbeitsagentur gemeldet haben.
Für viele junge Menschen hat vor kurzem ein neuer Lebensabschnitt begonnen: Mit dem Ausbildungsstart steigen sie in die Arbeitswelt ein. Doch im Bergischen gibt es nach wie vor zu wenig Bewerber für zu viele Ausbildungsplätze, wie die Arbeitsagentur mitteilte. Von 524 Remscheidern, die sich an die Arbeitsagentur gewandt haben auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz, sind der Pressemeldung zufolge 97 noch unversorgt. 29 Jugendliche mehr als im vergangenen Jahr und: Aktuell seien dem gegenübergestellt noch 232 Ausbildungsstellen in Remscheid unbesetzt.
Woran das liegen könnte, erklärt Regina Wallau von der Pressestelle der Arbeitsagentur Bergisches Land. „Es gibt nie den einen Grund, wie so eine Entwicklung zustande kommt.“ Sie gibt zu bedenken, dass die Zahl derer, die sich bei der Arbeitsagentur melden, nicht der tatsächlichen Zahl der potenziellen neuen Azubis entspreche. „Die Jugendlichen melden sich freiwillig bei uns. Viele wollen auch selbst suchen oder wollen studieren und tauchen in dieser Statistik deshalb nicht auf.“
Davon abgesehen bezeichnet sie den Ausbildungsstart aber als „unbefriedigend“. Sie sagt: „Das ist gerade einfach ein Mismatch.“ Schuld daran seien aber weder die Jugendlichen noch die Unternehmen: „Wir sagen immer, es muss einfach passen. Zwar haben sich viele Unternehmen schon angepasst, achten etwa weniger auf Noten und Zeugnisse und mehr auf die Persönlichkeit und das Engagement.“ Dennoch gebe es in bestimmten Branchen auch noch konservative Chefs, die eben nicht den Volltätowierten einstellen wollten.
Die heutige Generation an Schulabgängern habe zudem auch andere Anforderungen an Arbeitgeber als früher. „Die wollen mehr Nachhaltigkeit und eine bessere Work-Life-Balance.“ Hier seien viele Arbeitgeber auch bereit, sich anzupassen. Ein Hindernis sei eher, wenn jemand sehr festgefahren auf einen Berufswunsch sei. So wollten unter anderem in Remscheid etwa viele junge Frauen Kauffrau für Büromanagement oder medizinische Fachangestellte werden. Unter Männern ist etwa der Beruf des Kfz-Mechatronikers sehr beliebt. Insgesamt seien kaufmännische Berufe aller Art auch in diesem Jahr am beliebtesten. „Es ist einfach schwierig, wenn man so auf den einen Beruf fixiert ist“, sagt Regina Wallau. Sie rate in diesem Fall dazu, auch den örtlichen Suchradius zu erweitern.
Aber es gebe auch häufig den umgekehrten Fall, in dem sich Schulabgänger einfach nicht entscheiden könnten. Das bestätigt auch Carmen Bartl-Zorn der IHK Bergisches Land. „Die Jugendlichen sind teilweise überfordert, weil es zu viele Möglichkeiten gibt.“ Man wolle sich nicht festlegen, in der Hoffnung, dass sich doch noch ein besserer Job ergebe. „Aus Sicht der Wirtschaft kann ich nur sagen, dass ganz viele beruflich qualifizierte Fachkräfte gesucht werden und eine Ausbildung ein guter beruflicher Einstieg ist.“ Auch Regina Wallau ist überzeugt: „Jugendlich haben Angst sich festzulegen, aber sich für eine Ausbildung zu entscheiden, heißt heute nicht mehr, in diesem Beruf bis zur Rente zu arbeiten.“
Und Bartl-Zorn gibt zu bedenken: „Gerade in Zeiten wie jetzt, in denen sich eine Krise an die nächste reiht, gibt eine berufliche Fachqualifikation Sicherheit.“