Remscheiderinnen in Uganda Wenn Waisenkinder ein Leben verändern

Remscheid · Wienke Dirks und Kristina Ellenbeck waren als Freiwillige beim Waisenprojekt „Our children and our future“ in Uganda im Einsatz.

 Wienke Dirks (l.) und Kristina Ellenbeck sind für den Verein „Our children and our future“ nach Uganda gereist, um Kindern des Aids-Waisenprojekts zu helfen.

Wienke Dirks (l.) und Kristina Ellenbeck sind für den Verein „Our children and our future“ nach Uganda gereist, um Kindern des Aids-Waisenprojekts zu helfen.

Foto: Theresa Demski

Als Wienke Dirks im Flugzeug nach Uganda saß, dachte sie an die stressigen Monate, die hinter ihr lagen. „Ich bin der Typ, der immer pünktlich kommt und viel Struktur braucht“, erzählt die 20-Jährige heute. Und das Leben, das Abitur, die Zukunftsfragen hatten ihr viel abverlangt. „Ich wollte raus“, sagt Wienke Dirks, „mal was ganz anderes sehen und erleben.“

Und dann hatte ihr eine Bekannte von dem Verein „Our children and our future“ erzählt, von Franz Lebfromm und seinem ehrenamtlichen Einsatz in Remscheid und von den Kindern in Kalungu – 35 Kilometer südlich des Äquators. Wienke Dirks hatte immer weitergefragt und Kontakt zu jungen Menschen bekommen, die das Waisenheim in Uganda bereits besucht hatten. Und dann hatte sie Franz Lebfromm angerufen, dann angefangen, Geld zu sparen, um nach Uganda fliegen und auch die Unterbringungskosten von drei Euro am Tag bezahlen zu können.

Im Landeanflug auf Uganda, im September 2018, beschloss sie dann, den Stress zurückzulassen. 18 Stunden Flug lagen hinter hier und vor ihr drei Stunden im Auto. „Da prasselte so viel Neues auf mich ein, dass ich gar nicht alles gleichzeitig wahrnehmen konnte“, sagt sie heute. Eine völlig andere Welt erwartete sie. Kristina Ellenbeck hat ein Jahr zuvor in diesem Auto gesessen – mit ganz ähnlichen Gefühlen. „Ich wollte schon immer nach Afrika“, sagt sie, „und ich wollte an einen Ort, an dem ich wirklich gebraucht werde.“ Deswegen hatte sie sich damals gegen Work & Travel in Australien und für das kleine Dorf in Uganda entschieden, das sich nicht mal über die Google-Suche auf der Karte finden lässt.

Und genau jenen Ort erreichten die beiden jungen Frauen am Ende ihrer jeweiligen Reise – und erlebten eine Gastfreundschaft, die sie so bisher nicht kennengelernt hatten. Die Kinder des Aids-Waisenprojekts „Our children and our future“ begrüßten die Gäste aus Deutschland mit offenen Armen und auch die Mitarbeiter freuten sich über die Unterstützung aus Remscheid. „Allerdings wollte man uns nicht zumuten, zu arbeiten“, sagt Wienke Dirks, „und deswegen mussten wir uns dann sorgsam unsere Einsatzgebiete suchen.“ Sie half in der Küche, unterstützte die Kinder beim Deutschlernen nach der Schule, kümmerte sich um die Jungen und Mädchen am Nachmittag. „Und weil ich eine Musikbox hatte, wurde ich immer dazu gerufen, um im Hof zu tanzen“, sagt sie lachend. Und Wienke Dirks tanzte mit, sie ließ sich von den Kindern und ihren Kolleginnen die ugandische Sprache Luganda beibringen – schließlich sei es ihr um eine Begegnung auf Augenhöhe gegangen.

„Ich war nicht das deutsche, weiße Mädchen, das unbedingt etwas Gutes tun wollte“, sagt sie, „ich wollte Erfahrungen sammeln, Menschen begegnen, eine ganz andere Kultur kennenlernen.“ Und so erkundeten die beiden Remscheiderinnen das fremde Land, ließen sich auf die Mentalität der Menschen in Uganda ein und sammelten unvergessene Eindrücke. „Die Menschen in Uganda sind viel zufriedener mit dem, was sie haben“, sagt Kristina Ellenbeck. Und dann erzählt sie aus dem Schulalltag, in dem es eher ums Auswendiglernen und Nachsprechen gehe, als darum logische Strukturen zu erkennen, zu lernen und anzuwenden. Stattdessen werde vieles übernommen – das gelte etwa für das Essen, aber auch für ganz praktische Fragen. „Die Menschen denken nachhaltiger“, sagt die heute 21-Jährige und erzählt von ihren Flip-Flops, die sie zu nähen lerne. „Die halten immer noch“, sagt sie lachend. Die Straßen seien nicht asphaltiert, wenn es regne, stecke man mit dem Auto oder dem Motorradtaxi eben fest und sie sei unter dem Dach des Projekts so schnell ein Teil der Familie geworden, dass der Abschied sechs Monate später fast unerträglich gewesen sei.

Deswegen ist Kristina Ellenbeck seit ihrem ersten Aufenthalt in Uganda 2017 bereits zwei weitere Male zu den Kindern in Kalungu gereist – zurück zu ihrer zweiten Familie. Und auch Wienke Dirks hat den Kontakt zum Verein gehalten. Sie bereitet aktuell mit einer Freundin eine Broschüre vor, um Freiwillige künftig noch besser bei den Vorbereitungen für ihren Einsatz in Uganda zu rüsten.

Heute sind die beiden jungen Frauen nicht mehr die gleichen Menschen wie an jenem Tag, als sie zum ersten Mal im Flugzeug nach Uganda saßen. Wienke Dirks studiert inzwischen, um Lehrerin zu werden. Und Kristina Ellenbeck will nach ihrer Krankenpflegeausbildung nun Medizin studieren. „Da hat Uganda seinen Teil zu beigetragen“, sagt sie. Vieles hat sich seit ihrer Rückkehr wieder eingependelt, die beiden jungen Frauen sind in ihrem Alltag zurück. Und Wienke Dirks kommt wieder gerne pünktlich zu ihren Verabredungen. „Aber ich habe von den Menschen in Kalungu Gelassenheit gelernt“, sagt sie, „wenn etwas nicht wie geplant klappt, dann ist das noch lange nicht das Ende vom Lied.“

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