Kosmetik in Remscheid Wenn der Mann zum Schminktopf greift
Remscheid · Videokonferenzen, Bewerbungsgespräche, wichtige Termine: Auch immer mehr Männer wollen optisch das Optimale aus sich herausholen, ohne jedoch geschminkt auszusehen. Ein erster Selbstversuch.

Kosmetik-Tipps für Männer
Ja gut, er habe vielleicht eine Tendenz zu Tränensäcken und dunklen Schatten unter den Augen, im Großen und Ganzen aber sei er, Torsten Unshelm, Mediaberater bei der Bergischen Morgenpost, doch ganz zufrieden mit seinem Aussehen. Weil der 57-Jährige aber grundsätzlich erst mal für alles Neue offen ist, muss Unshelm nicht lange überlegen, ob er für einen Selbstversuch rund um das Thema „Make-up für Männer“ zur Verfügung steht.
Nur wenige Tage später sitzt der Gladbach-Fan im Remscheider Kosmetik- und Make-up-Institut „Catwalk“ von Sladjana Krause, trinkt einen Cappuccino und erfährt in einer ersten „Gesichtsanamnese“, dass seine hellen Augen durch dunklere Wimpern und geschwungenere Augenbrauen besser betont würden und der leicht geschwollene Bereich unter den Augen ihn müde und erschöpft wirken lasse. „Viele Männer kommen mittlerweile zu mir, weil sie viele Konferenzen am Computer haben und genau solche Dinge wie Augenringe oder Schatten unter den Augen online noch wesentlich sichtbarer werden als im persönlichen Gespräch“, weiß die Expertin und bittet Unshelm auf eine Liege im hinteren, abgetrennten Bereich des Ladenlokals.
„Als Erstes bringen wir deine Augenbrauen in Form“, erklärt sie dem Digital Sales Manager, der mit einem verzweifelten, hilfesuchenden Blick antwortet. „Jaja, ich weiß, davor haben die meisten Männer Angst“, sagt Sladjana Krause augenzwinkernd und tätschelt ihm tröstend den Arm, „wir machen es kurz und schmerzlos mit Heißwachs“. Bevor Unshelm antworten kann, hat sie die flüssige grüne Masse schon aufgetragen „Extra in Grün, für dich und mich als Borussen-Fans“, verkündet die Kosmetikerin lachend. „Und wenn hier ein Kölner liegt und nicht still hält, drohe ich ihm immer mit einer Raute in der Augenbraue.“
Mit einem festen Ruck reißt sie die in Sekunden getrocknete Masse von der Haut und mit ihr unzählige feine Härchen. „Mein ältester männlicher Kunde ist 75 Jahre alt, er kommt alle drei bis vier Wochen, weil er einfach gepflegt wirken möchte“, erzählt Sladjana Krause, während sie die Augenbrauen- und Wimpernfarbe anrührt. „Mittlerweile sind rund 30 Prozent meiner Kunden männlich, sowohl vom Alter als auch vom Beruf her querbeet.“
Es könnten theoretisch noch mehr sein, mutmaßt die mehrfach ausgezeichnete Schminkkünstlerin, würde nicht nach wie vor noch in vielen Köpfen der Gedanke schwirren, solche Behandlungen seien „nur etwas für homosexuelle Männer“. „Das ist totaler Quatsch“, weist Sladjana das Klischee zurück. „Grundsätzlich achten Männer zunehmend auf sich. Und die Kunst, sich optisch zu optimieren, liegt ja darin, dass man es eigentlich gar nicht nicht sieht, dass etwas gemacht wurde.“
Und tatsächlich: Die dunkleren Wimpern und die dezent geformten Augenbrauen sorgen bei Unshelm für mehr Augenausdruck, geben der Augenpartie mehr Kontur. „Nicht schlecht“, gibt er nach einem ersten Blick in den Spiegel augenzwinkernd zu und nimmt jetzt auf einem Stuhl im vorderen Salonbereich Platz. „Was deine Haut braucht, ist Feuchtigkeit, sie ist an einigen Stellen sehr fein, du solltest auf jeden Fall die direkte Sonneneinstrahlung meiden“, rät die Expertin und verteilt eine leichte Lotion auf Unshelms Gesicht, massiert und klopft sie ein.
Unter die Augen klebt sie zwei Feuchtigkeitspads, die nach einigen Minuten wieder abgenommen werden. „Hier im Bereich zwischen Ohr und Kinn teste ich währenddessen die optimale Farbe für das punktuelle Make-up“, teilt Sladjana mit und entscheidet sich für den Farbton „light beige“. Sie schaut Unshelm beruhigend an. „Du wirst ganz sicher gleich nicht maskiert aussehen.“ Dann nimmt sie die Pads ab, trägt an vereinzelten Stellen im Gesicht mit einem Pinsel die Foundation auf: unter den Tränensäcken, im Innenbereich der Nase, am Augenlid. Zum Schluss pustet sie einen Hauch Terracotta-Puder auf einen bauschigen Pinsel, mattiert damit ganz leicht das gesamte Gesicht ab. Fertig.
Unshelm schaut im Handspiegel kritisch hin und her, dreht und wendet ihn. Wie lautet sein Fazit? „Ich fühle mich irgendwie frischer und entspannter, mir tut nicht nur das sichtbare Ergebnis gut, auch die Behandlung war toll. Ich glaube, ich komme jetzt öfter her.“